BEM – Gespräch: Geht dies alle BR – Mitglieder an?

Unterliegt ein zu einem BEM – Erstgespräch eines Beschäftigten hinzugezogenes Betriebsratsmitglied einer Schweigepflicht gegenüber den anderen Betriebsratsmitgliedern?

Zunächst hängt überhaupt die Beteiligung eines Betriebsratsmitgliedes bei einem BEM – Erstgespräch gem. § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX von der Zustimmung des betroffenen Beschäftigten ab. Hierdurch wird deutlich, dass der betroffene Beschäftigte bzgl. des BEM – Gespräches und des entsprechenden Verfahrens nach § 167 II 1 SGB IX „Herr des Verfahrens“ ist. Ohne die Zustimmung des Betroffenen würde ein solches Verfahren überhaupt nicht durchgeführt werden können.

Zunächst gilt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (z.B. BAG, NZA 2016, 1283), dass es sich bei dem Verfahren des § 167 II 1 SGB IX (früher § 84 II 1 SGB IX) um ein nichtformalisiertes Verfahren handelt, welches den Beteiligten einen Spielraum offen lasse.

Es obliegt allein der Entscheidung des Betroffenen, ob dieser ein Betriebsratsmitglied dabei haben möchte oder eben nicht. Ferner lässt sich gut durch einen „Erst – recht – Schluss“ argumentieren, dass der Betroffene auch die Wahl hat, nur ein bestimmtes BR – Mitglied seines Vertrauens zu dem BEM-Gespräch hinzuzuziehen (vgl. Prof. Dr. Kort, NZA 2019, S. 502 ff.).

Zieht nun ein Betroffener ein bestimmtes BR – Mitglied zu einem BEM – Gespräch hinzu, stellt sich die Frage, ob für dieses BR – Mitglied eine besondere Verschwiegenheit gegenüber den anderen BR – Mitgliedern gilt.

Die Regelungen des BetrVG hierzu sind durchaus unterschiedlich. § 79 I BetrVG schreibt eine allgemeine Schweigepflicht vor, welche jedoch nach § 79 I 3 BetrVG nicht innerhalb des Betriebsrates gilt. Letztlich lässt sich auch aus den § 99 I 3 BetrVG oder § 102 I 5 BetrVG keine Verschwiegenheitsverpflichtungen der BR – Mitglieder untereinander ableiten.

In der Literatur wird zum Teil angenommen, dass eine Parallele zwischen dem § 167 II 1 SGB IX und den §§ 81 – 83 BetrVG gibt, da letztere die Wahrnehmung individueller Arbeitnehmerrechte regeln und somit vergleichbar seien. Aus ihnen lasse sich eine Verschwiegenheitsverpflichtung entnehmen, so dass das BR – Mitglied, welches durch den Betroffenen zu einem BEM – Gespräch hinzugezogen wird, ebenfalls einer Verschwiegenheit gegenüber den übrigen BR – Mitgliedern unterliegt (vgl. Prof. Dr. Kort, a. a. O. mit weiteren Nachweisen).

Und was sagt das neue Datenschutzrecht (DS-GVO, BDSG 2018) dazu?

Früher ist wohl überwiegend die Auffassung vertreten worden, dass das alte Bundesdatenschutzgesetz aufgrund seiner Nachrangigkeitsklausel in § 1 III z.B. vom SGB verdrängt werden würde. Eine solche Subsidiaritätsklausel kennt die DS-GVO nicht. Zwar enthält § 1 II BDSG (2018) noch eine eingeschränkte Subsidiarität, gleichwohl schließt dieses nicht die Regelungen der DS-GVO aus.

Demzufolge kann z.B. aus § 26 BDSG in der aktuellen Fassung auch nicht entnommen werden, dass dieses die Vorgaben der DS-GVO aushebelt. So räumt Art. 88 DS-GVO dem jeweiligen nationalen Gesetzgeber nicht ein, das Arbeitsrecht gänzlich aus dem Anwendungsbereich der DS-GVO zu nehmen.

Somit hat selbstverständlich auch der Betriebsrat (unabhängig von seiner datenschutzrechtlichen Einordnung als eigene verantwortliche Stelle oder Teil des Arbeitgebers) die Bestimmungen des Datenschutzes zu beachten.

Art. 5 I lit. c) DS-GVO bestimmt, dass personenbezogene Daten dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein müssen („Datenminimierung“). Aus diesem Grundsatz der Datensparsamkeit, den es auch im alten Datenschutzrecht gab, folgt, dass auch das nur als Unterstützer hinzugezogene BR – Mitglied jene Informationen, die es in einem BEM – Gespräch nach § 167 II 1 SGB IX erlangt, nicht mit anderen BR – Kolleginnen und Kollegen teilen darf. Diese Verarbeitung der personenbezogenen Daten innerhalb des Gremiums wäre im Zweifel nicht von dem Zweck des BEM – Verfahrens und der dortigen Verarbeitung personenbezogener Daten gedeckt.

Etwas Anderes kann dann gelten, wenn man auch dieses explizit in der Einwilligung des Betroffenen mitregelt. Also wenn transparent und den Erfordernissen des Art. 7 DS-GVO folgend der Betroffene darin einwilligt, dass das hinzugezogene BR – Mitglied die im BEM – Gespräch erlangten Informationen mit anderen BR – Mitgliedern teilen möchte.

In vielen Betriebsvereinbarungen zu BEM – Maßnahmen ist geregelt, dass diese Daten von der „Arbeitsgruppe BEM“ oder ähnliches bearbeitet werden würden bzw. die Arbeitsgruppe BEM dieses für den BR durchführt. Sofern innerhalb eines Betriebsrates dieses an einen extra hierfür bestimmten Personenkreis delegiert werden soll, ist darauf zu achten, dass dieses auch klar in den Informationsschreiben an den Betroffenen enthalten ist und dass der Betroffene darin einwilligt, dass dieser Arbeitskreis innerhalb des Gremiums Zugriff auf die im Rahmen des BEM – Verfahrens erlangten personenbezogenen Daten (unter anderem ja auch besondere personenbezogene Daten im Sinne des Art. 9 DS-GVO – Gesundheitsdaten) erhält. Hier ist § 26 III BDSG bzw. Art. 9 DS-GVO zu beachten.

Nach alledem sind BR – Mitglieder, die individuell persönlich zu einem BEM – Gespräch herangezogen werden, gut beraten, wenn sie die Informationen aus diesem BEM – Gespräch nicht mit ihren BR – Kolleginnen und Kollegen teilen und auch dafür Sorge tragen, dass entsprechende Unterlagen verschlossen und vor dem Zugriff Dritter geschützt sind.

Gesetzesänderungen im Januar 2017

Was ändert sich zum 01.01.2017?

1. Mindestlohn

Der Mindestlohn ist ab dem 01.01.2017 von 8,50 € brutto auf 8,84 € brutto je Stunde erhöht worden.

Diese Änderung basiert auf einem Vorschlag der Mindestlohnkommission. Diese wird der Regierung alle 2 Jahre einen entsprechenden Vorschlag nach Überprüfung unterbreiten.

2. Sozialversicherung, Rentenversicherung und Sozialgesetzbuch

a)
Beitragssatz in der gesetzlichen Renteversicherung: weiterhin ab 01.01.2017 18,7 %
Beitragssatz in der knappschaftlichen Rentenversicherung: ab 01.01.2017 24,8 %

b)
Weiterhin schrittweise Anhebung der Altersrente auf 67

1952 geborene (ohne Vertrauensschutz) erreichen die Regelaltersgrenze mit 65 Jahren und 6 Monaten
für die folgenden Geburtsjahrgänge erhöht sich die Regelaltersgrenze um je einen weiteren Monat
Erst für Jahrgänge ab 1964 und jünger wird die Regelaltersgrenze bei 67 Jahren liegen.

Ab dem 01.01.2017 gilt auch für Bezieher einer vorzeitigen Vollrente die Versicherungspflicht, wenn sie neben dem Bezug einer solchen Vollrente noch arbeiten.
Bezieher einer Vollrente ab Erreichen der Regelaltersgrenze sind zwar weiterhin versicherungsfrei, wenn sie parallel zum Rentenbezug weiter arbeiten; es besteht jedoch die Möglichkeit, auf die Versicherungsfreiheit zu verzichten. In diesem Fall müssten sie auch Rentenversicherungsbeiträge zahlen, erwerben hierdurch aber zusätzliche Rentenanwartschaften.

c)

Der Abgabesatz der Künstlersozialabgabe wird ab dem 01.01.2017 von 5,2 % auf 4,8 % gesenkt.

d)

Ab dem 01.01.2017 gilt für Beschäftigte in der Gleitzone (450,01 € bis 850 € Arbeitsentgelt im Monat) der neue Gleitzonenfaktor in Höhe von 0,7509. Der Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz beträgt 2017 39,95 %.

3. Belange behinderter Menschen

Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) ist ebenfalls verabschiedet worden. Zu dessen Umsetzung wird begonnen, Leistungen für Menschen, die aufgrund einer wesentlichen Behinderung nur eingeschränkte Möglichkeiten der Teilhabe haben, aus dem bisherigen Fürsorgepflichten der Sozialhilfe herauszuführen und die Eingliederungshilfe zu einem modernen Teilhaberecht weiterzuentwickeln. Die Regelungen sind in einem neuen Teil 2 des SGB IX enthalten. Neben der grundsätzlichen Neuausrichten von einem überwiegend einrichtungszentrierten zu einem personenzentrierten Leistungssystem soll die Lebenssituation von Menschen mit Behinderung deutlich verbessert werden. Seit dem 01.01.2017 gelten bereits folgende Änderungen:

Schwerbehindertenrecht – Recht der Schwerbehindertenvertretung

  • Der Schwellenwert für die Freistellung der Vertrauensperson wird von derzeit 200 schwerbehinderten Menschen im Betrieb auf 100 abgesenkt-
  • Die Schwellenwerte für die Heranziehung der Stellvertreter werden nach oben gestaffelt, so dass dann die Vertrauenspersonen in größeren Betrieben mehr Stellvertreter heranziehen können als die derzeit maximal möglichen 2.
  • Es entfällt bei der Fortbildung die Einschränkung, dass ein Stellvertreter nur bei ständiger Heranziehung, häufiger Vertretung der Vertrauensperson auf längere Zeit oder absehbarem Nachrücken in das Amt einen Anspruch hat.
  • Der Arbeitgeber übernimmt zukünftig auch die Kosten einer Bürokraft für die Schwerbehindertenvertretung in erforderlichem Umfang.
  • Eine Kündigung, die der Arbeitgeber ohne Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausspricht, ist künftig unwirksam.
  • In der gewerblichen Wirtschaft wird bei Betriebsübergang für die Schwerbehindertenvertretungen ein Übergangsmandat geschaffen, wie es für den Betriebsrat in § 21 a BetrVG geregelt ist.
  • Der Inklusionsgedanke wird im BetrVG stärker verankert (ausdrückliche Aufnahme der Inklusion behinderter Menschen in den Katalog möglicher Themen für eine Betriebsvereinbarung und bei der Personalplanung).
  • Aus der „Integrationsvereinbarung“ im SGB IX wird nun die „Inklusionsvereinbarung“.

Auch in Werkstätten für behinderte Menschen gibt es zahlreiche neue Regelungen. Insbesondere werden die Rechte des Werkstattrates gestärkt. Es erfolgt jetzt auch eine Unterscheidung zwischen Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten. Die Mitbestimmung betrifft:

  • Ordnung und Verhalten der Werkstattbeschäftigten einschließlich Aufstellung und Änderung einer Werkstattordnung
  • Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, Pausen, Zeiten für die arbeitsbegleitenden Maßnahmen zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit und zur Weiterentwicklung der Persönlichkeit, Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage und die damit zusammenhängende Regelung des Fahrdienstes, vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der üblichen Arbeitszeit
  • Arbeitsentgelt, insbesondere Aufstellung und Änderung von Lohngruppen, Zeit, Ort, und Art der Auszahlung
  • den Urlaubsplan für die Werkstattbeschäftigten
  • die Verpflegung
  • die Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen zur Überwachung des Verhaltens und der Leistung der Werkstattbeschäftigten
  • Fort- und Weiterbildung
  • soziale Aktivitäten der Werkstattbeschäftigten

Für weitergehende Informationen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

RA Karsten Klug
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Hamburg

 

Überprüfen Sie bitte Ihre Arbeitsverträge

Änderung des § 309 Nr. 13 BGB

Seit Oktober 2016 gilt gem. § 309 Nr. 13 a) bis c) folgendes:

„Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam
13.

(Form von Anzeigen und Erklärungen)

eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, gebunden werden

a) an eine strengere Form als die schriftliche Form in einem Vertrag, für den durch Gesetz notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist oder
b) an eine strengere Form als die Textform in anderen als den in Buchstabe a genannten Verträgen oder
c) an besondere Zugangserfordernisse;“

Arbeitsverträge werden als AGB qualifiziert und müssen somit die Anforderungen der §§ 305 ff. BGB erfüllen. Dies liegt insbesondere daran, dass üblicherweise Arbeitsverträge vom Arbeitgeber vorgegeben werden und für eine Vielzahl von Mitarbeitern gelten.

Was bedeutet dies nun?

Die Änderungen des § 309 Nr. 13 BGB sind in Bezug auf Arbeitsverträge insbesondere bei der Vereinbarung von sogenannten „Ausschlussfristenregelungen“ oder auch „Verfallklauseln“ relevant. Diese dienen dazu, dass beide Parteien, aber insbesondere auch der Arbeitgeber, schneller Rechtsklarheit erhalten. Es soll vermieden werden, dass ein Arbeitnehmer (m/w), der möglicherweise schon längst aus dem Unternehmen ausgeschieden ist, nun nachträglich noch diverse Ansprüche auf Urlaubsabgeltung, Überstunden, sonstige Gehaltsnachforderungen etc. stellt. Hierzu hätte nämlich ohne der Vereinbarung von entsprechenden Ausschlussfristenregelungen der Arbeitnehmer (m/w) ansonsten 3 Jahre Zeit nach den allgemeinen Verjährungsregelungen.

Da in den üblicherweise formulierten Ausschlussfristenregelungen enthalten ist, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis z.B. binnen einer Frist von 3 Monaten schriftlich geltend zu machen sind und nach Ablauf dieser First verfallen, wäre eine solche Regelung nun mit § 309 Nr. 13 BGB nicht mehr vereinbar und daher unwirksam. Gem. § 309 Nr. 13 b) BGB muss nunmehr die reine Textform genügen.

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Schriftform und Textform?

Die Schriftform ist in § 126 BGB geregelt. Dieser lautet wie folgt:

„§ 126 Schriftform

(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.

(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.

(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.“

Das bedeutet, dass früher es durchaus zulässig war, dass der Arbeitnehmer (m/w) in einem eigenhändig unterschriebenen Brief an den Arbeitgeber seine Forderungen geltend machen musste. Tat er dies beispielsweise nicht gem. der obigen Regelung binnen 3 Monaten oder hat er nur eine E-Mail / SMS /WhatsApp oder ähnliches geschickt, war dies keine ordnungsgemäße Geltendmachung. Die Ansprüche waren dann verfallen.

Im Gegensatz zur Schriftform und der eigenhändigen Unterschrift bedeutet nun Textform gem. § 126 b BGB folgendes:

§ 126b Textform

Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das

1. es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und2. geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben.“

Aufgrund der vorgenannten Regelungen genügen Erklärungen per Papier, USB-Stick, CD-Rom, Festplatte, Speicherkarte, E-Mails sowie Computerfaxe diesen Anforderungen der Textform. Allerdings kann, soweit eine gesetzliche explizite Pflicht zur Textform nicht besteht, auch vereinbart werden, dass SMS- oder WhatsApp – Nachrichten diesen Anforderungen genügen.

Insofern sollten Sie als Arbeitgeber Ihre Verträge überprüfen und die Ausschlussfristenregelungen überarbeiten. Jedenfalls für neue Arbeitsverträge, die erst ab bzw. im Oktober 2016 abgeschlossen werden, gelten die neuen Regelungen. Für Altverträge gelten noch die alten Regelungen, welche bis zum 30.09.2016 im BGB geregelt waren. Aber Vorsicht: Ändern Sie auch bei einem alten Vertrag mehrere Klauseln durch Ergänzungsvertrag / Zusatzvereinbarung sollten Sie auch zwingend die Ausschlussfristenregelung überarbeiten und neu regeln.

Für diesbezügliche Fragen stehe ich Ihnen natürlich gerne beratend zur Verfügung.

Karsten Klug
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Arbeitsrecht
in Hamburg.

Arbeitsrecht: Urteil des BAG zur „vorübergehenden“ Arbeitnehmerüberlassung

BAG, Urteil vom 03. Juni 2014 – 9 AZR 111/13

In der vorgenannten Entscheidung vom 03.06.2014 hat das Bundesarbeitsgericht die Frage aufgelöst, ob ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG und damit eine nicht nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung zu den Rechtsfolgen des § 10 Absatz 1 AÜG entsprechend führt. Dies hat das BAG jedoch zutreffend im Ergebnis abgelehnt.

Bereits im Jahre 2013 hatte ich in meinem Block auf die Entscheidungen des LAG Berlin hingewiesen, die den Stein letztlich ins Rollen brachten. Die 15. Kammer des LAG Berlin-Brandenburg hatte seinerzeit geurteilt, dass die Rechtsfolge einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung in der Konsequenz eine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung sei, so dass ein Arbeitsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher zustande kommen würde (§ 10 Abs. 1 AÜG).

Hingegen hatte bereits die 7. Kammer des LAG Berlin-Brandenburg den Fall anders gesehen. Diese hatten (meiners erachtens zu Recht) darauf hingewiesen, dass das Gesetz eben gerade keine Rechtsfolge anknüpfe. Im Ergebnis bliebe auch die dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung sanktionslos; jedenfalls werde kein Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Entleiher dadurch begründet.

 

In dem Revisionsverfahren der Sache der 7. Kammer des LAG Berlin-Brandeburg hat nun das BAG die Entscheidung des LAG bestätigt und festgestellt, dass

ein Verstoß gegen das ab dem 01. Dezember 2011 geltende Verbot der nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nicht gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG zum Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer führt, wenn der Verleiher die nach § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG erforderliche Erlaubnis hat, seine Arbeitnehmer Dritten zur Arbeitsleistung zu überlassen.“

Unter Verweis auf die Entscheidung BAG, Urteil vom 10. Dezember 2013 – 9 AZR 51/13 –, BAGE 146, 384-396 hat das BAG erneut bestätigt, dass der Gesetzgeber eine Sanktion im Falle des Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG gerade nicht getroffen hat. Der Gesetzgeber habe bis zum 30.11.2011 bewusst darauf verzichtet, die Dauer der Arbeitnehmerüberlassung zu begrenzen. Dieses ergäbe sich aus der Neukonzeption des Rechts der Arbeitnehmerüberlassung durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungenam Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002. In der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung sei in § 3 Abs. 1 nr. 6 AÜG noch eine Höchstüberlassungsdauer von 24 aufeinanderfolgenden Monaten geregelt gewesen. Dieses habe man durch Art. 6 Nr. 3 Buchstabe b) des Ersten Dienstleistungsgesetzes aufgehoben. Damit sei klar, dass der Gesetzgeber ausdrücklich eine zeitliche Beschränkung der Arbeitnehmerüberlassung nicht mehr regeln wollte.

Gleichwohl kommt nach Auffassung des BAG eine analoge oder richtlinienkonforme Auslegung des § 10 AÜG bei einem Verstoß gegen die vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung nicht in Betracht. § 10 AÜG fingiere das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses ausschließlich für den Fall des Fehlens der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis des Verleihers. Diese Voraussetzung läge nicht  vor. Des Weiteren sei auch nicht von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen, da der Gesetzgeber bewusst die Dauer nicht beschränkt habe und auch keinerlei Sanktion angeknüpft habe. Auch sei die Situation eines nicht nur vorübergehend überlassenen Arbeitnehmers mit der Situation eines ohne Erlaubnis überlassenen Arbeitnehmers nicht vergleichbar. Aufgrund dessen scheide ebenfalls eine analoge Anwendung des § 10 Abs. 1 s. 1 AÜG aus.

Nämliches gelte auch für die Leiharbeitsrichtlinie (Richtlinie 2008/104/EG des Rates vom 19. November 2008). Diese gäbe den Mitgliedstaaten an die Hand, Sanktionen bei Verstößen gegen die Richtlinie zu verhängen, regele jedoch selbst ebenfalls keinerlei Sanktionen.

 

Fazit:

Auch die dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung ist nach der aktuellen Rechtslage erlaubt bzw. zumindest sanktionslos. Ob und inwieweit der Gesetzgeber nun handelt, bleibt abzuwarten. Derzeit ist jedoch die Arbeitnehmerüberlassung nach wie vor ein adäquates Modell für Arbeitgeber, um entsprechende Arbeitsspitzen aufzufangen oder ggf. zeitlich begrenzt Arbeitnehmer zu beschäftigen, ohne enge Bindung und der Gefahr, diese nur mit hohen Abfindungszahlungen wieder kündigen zu können.

Karsten Klug
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Hamburg

Arbeitsrecht: Das neue Mindestlohngesetz – Was ist zu beachten?

Seit dem 01.01.2015 gilt das neue Mindestlohngesetz (MiLoG). Neben dem Umstand, dass nunmehr flächendeckend jedem Arbeitnehmer ein Mindestlohn in Höhe von derzeit 8,50 € zustehen soll (vgl. § 1 MiLoG), enthält das Gesetz flankierend noch eine Reihe weiterer Auflagen und Regelungen für Arbeitgeber, die diese zu berücksichtigen haben.

Zunächst einmal ist die Regelung in § 2 MiLoG spannend, da dort eine „neue“ Fälligkeitsmöglichkeit der Arbeitsvergütung aufgestellt wird. Sofern nämlich arbeitsvertraglich keine Vereinbarung getroffen worden ist, gilt die Fälligkeit gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 2 MiLoG, wonach der Lohn spätestens am letzten Bankarbeitstag (Frankfurt am Main) des Monats der auf den Monat mit der Arbeitsleistung folgt fällig wird. Man könnte dies sodann dahingehend interpretieren, dass z.B. das Gehalt für den Monat Januar 2015 am 27.02.2015 (wenn denn der Samstag kein Bankarbeitstag in Frankfurt ist) fällig wäre. Allerdings soll nach § 2 Abs. 1 Satz 2 MiLoG die Regelung des § 614 BGB unberührt bleiben. Wie dieser Widerspruch aufzulösen ist, wird die Rechtsprechung klären müssen. Allerdings könnte dies dazu führen, dass in dem Falle, in dem ein Arbeitgeber erst am letzten des Folgemonats das Gehalt für den Vormonat überweist, der Arbeitnehmer gleichwohl keinen Anspruch auf Verzugzinsen oder sonstige Verzugsschäden hat, da diese Regelung ausdrücklich numehr gesetzlich fixiert ist. Wohlgemerkt: Dies gilt nur dann, wenn keine (extra) Vereinbarung über die Fälligkeit getroffen worden ist (z.B. im Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag etc.).

Der Arbeitnehmer / die Arbeitnehmerin kann durch Vereinbarung nicht wirksam einseitig auf den Mindestlohn verzichten. Ein Verzicht ist nur im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs möglich. Auch sollen die Ansprüche aus dem MiLoG nie verwirken (vgl. § 3 Satz 3 MiLoG).

Es wird eine Mindestlohnkommission geben (vgl. §§ 4 – 12 MiLoG), die die Höhe des Mindestlohnes prüft (erstmals bis 30.06.2016 mit Wirkung zum 01.01.2017). – Siehe hierzu auch die Pressemitteilug des BMAS!

Gemäß § 13 MiLoG haftet auch der Auftraggeber eines Subunternehmers für die Einhaltung des MiLoG. Insoweit wird in § 13 MiLoG auf § 14 AEntG (Arbeitnehmerentsendegesetz) verwiesen.

Nach den §§ 14 und 15 MiLoG kontrolliert die Zollbehörde die Einhaltung der Pflichten nach dem MiLoG. Die Vorschriften des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes werden entsprechend angewandt.

Nach § 16 MiLoG bestehen (Vorab-) Meldepflichten für ausländische Unternehmen, die Mitarbeiter in Anwendung des MiLoG in Deutschland beschäftigen.Nämliches gilt auch für die Arbeitnehmerüberlassung eines ausländischen Verleihers.

Gemäß § 17 MiLoG sind die Arbeitgeber von „Minijobbern“ (nach § 8 SGB IV) sowie von Arbeitnehmern in den in § 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz genannten Wirtschaftsbereichen (wie z.B. Bau, Gaststätten- und Speditionsgewerbe) verpflichtet spätestens am 7. Tag folgende Punkte zu dokumentireren:

  • Beginn / Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit

In § 20 MiLoG wird noch einmal explizit die Verpflichtung des Arbeitgebers zur fristgerechten Zahlung des Mindestlohns geregelt.

Nach § 21 MiLoG droht bei Verstößen der Arbeitgeber gegen die Vorschriften des MiLoG ein Bußgeld in Höhe von bis zu 30.000,00 €!

Gem. § 22 MiLoG gilt das Gesetz nicht für:

  • Paktikanten (m/w), wenn dieses aufgrund einer schulrechtlichen Bestimmungen oder im Rahmen einer Ausbildung geleistet wird, ebenfalls bei einem Praktikum bis zu 3 Monate zur Orientierung vor einer Ausbildung oder eines Studiums, bei einem Praktikum von bis zu 3 Monaten begleitend zu einer Berufsschul- oder Hochschulausbildung oder bei einer Einstiegsqualifizierung (§ 54a SGB III oder §§68 -70 BBiG)
  • Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren (§ 2 Abs. 1 und Abs. 2 JArbSchG)
  • beschäftigte Personen zu ihrer Berufsausbildung sowie ehrenamtlich Tätige
  • langzeitarbeitslose Personen, sofern diese unmittelbar vor der Tätigkeit langzeitarbeitslos waren (vgl. § 18 Abs. 1 SGB III) für die Dauer von 6 Monaten.

Eine Ausnahme gilt ferner noch für Tarifverträge (auch für allgemeinverbindlich erkärte Tarifvertrag nach § 5 TVG). Hier gelten auch ggf. niedirgere Löhne einstweilen weiter.

 

Sollten Sie zu den vorgenannten Punkten Fragen haben oder bei der Dokumentation Hilfe benötigen,  so zögern Sie nicht und rufen mich an.

Anwalt und
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Karsten Klug

Arbeitsrecht: Urlaubsansprüche sind vererblich

Ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 12.06.2014 sorgt für Aufsehen:

Unter dem Aktenzeichen C-118/13 (Bollacke) entschied die erste Kanmmer des EuGH, dass

Artikel 7 der Richtlinie 2003/88 dahin auszulegen ist, dass er einzelstatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten wie den im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, wonach der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ohne Begründung eines Abgeltungsanspruchs für nicht genommenen urlaub untergeht, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet. Eine solche Abgeltung kann nicht davon abhängen, dass der Betroffene im Vorfeld einen Antrag gestellt hat.

 

Geklagt hatte die Witwe Frau B. gegen den ehemaligen Arbeitgeber ihres verstorbenen Mannes. Frau B. war Alleinerbin ihres Mannes, der bei dem Arbeitgeber in der Zeit vom 1.8.1998 bis zum 19.11.2010 (Tag des Todes) dort gearbeitet hatte. Seit dem Jahr 2009 war der Ehemann der Klägerin schwer erkankt und war in 2009 8 Monate arbeitsunfähig und vom 11.10.2010 bis zum Tod war er weiter arbeitsunfähig.

Das besondere an dem Fall war, dass der verstrobene Arbeitnehmer angeblich unstreitig noch mindestens 140,5 offene Tage Jahresurlaub hatte. Diese Summe überrascht, da quasi davon auszugehen ist, dass der Arbeitnehmer über Jahre hinweg den gesetzlichen Mindesturlaub, der auch aufgrund der Entscheidung des EuGH ( EuGH in seinem Grundsatzurteil vom 20.01.2009 (C-350/06 – Schultz-Hoff))   nicht nach längerer Krankheit oder häufiger Teilerkrankungen im Jahr verfallen darf, nie genommen hat.

Gleichwohl erscheint die Entscheidung – auch wenn sie auf den ersten Blick mehr als kurios erscheinen mag – konsequent. Der EuGH hat seinerzeit in der Schultz-Hoff – Entscheidung klargestellt, dass der Urlaub nicht einfach ersatzlos verfallen darf, wenn der Arbeitnehmer aufgrund längerer Erkrankung nicht in der Lage war, diesen Urlaub zu nehmen. Allerdings sollte dies  – so zumindest auch das Bundesarbeitsgericht – nur für den gesetzlichen Mindesturlaub gelten, nicht jedoch für freiwillig gewährten oder aufgrund tarifvertraglicher Regelungen gewährten Urlaubs. Da sich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Auffassung der Richter des EuGH  der Urlaubsanspruch in einen Entgeltanspruch, nämlich auf Abgeltung / Auszahlung der nicht genommenen Urlaubstage umwandelt, ist es in dieser Argumentationsschiene konsequent zu sagen, dass dieser Anspruch nicht einfach wegfallen darf.

Nach den bisherigen Regelungen im deutschen Recht mutet gleichwohl diese Entscheidung seltsam an, da es bisher im Rahmen von Vergleichen vor den Arbeitsgerichten und gerade bei solchen Verfahren, wo bereits längere Erkrankungen eine Rolle spielten, es durchaus ratsam war, in den Vergleich mit aufzunehmen, dass die Abfindung bzw. der Abfindungsbetrag sofort fällig sein soll und auch vererblich. Unterließ man eine entsprechende Regelung in Vergleichen respektive Aufhebungsverträgen, konnte dies tatsächlich für die Erben des verstrobenen Arbeitnehmers bitter sein, da dann der Arbeitgeber die Abfindung nicht mehr zahlen musste. Diese stand nur dem Arbeitnehmer zu. Nach dessen Tod war zumindest ein neuer Streit über die Vererblichkeit ggf. vorprogrammiert.

Fazit:

Tatsächlich wird der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers durch die Rechtsprechung des EuGH immer mehr zu einem Damoklesschwert. Arbeitgeber sind gut beraten darauf zu achten, dass arbeitsvertraglich geregelt ist, dass erst die gesetzlichen Urlaubstage genommen werden und danach die frewilligen. Werden diese nicht bis zum 31.12. eines Jahres genommen, verfallen sie.

Arbeitnehmer, denen krankheitsbedingt gekündigt wird bzw. die Vergleiche nach entsprechender längerer Krankheit schließen, sollten die restlichen Urlaubstage hierbei immer auch im Blick haben. Und nun sollten auch Erben von Arbeitnehmern, die versterben, bevor ein Arbeitsverhältnis beendet worden ist, prüfen, ob es noch Resturlaubstage gibt und diese gegen den ehemaligen Arbeitgeber des Verstorbenen geltend machen.

Karsten Klug
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
Hamburg

RA Klug, Urteil des BAG: AGB-rechtliche Unwirksamkeit einer doppelten Schriftformklausel

Der 9. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in seinem Urteil vom 20.05.2008 (9 AZR 382/07) entschieden:

Der Kläger war von Mai 2002 bis zum 31.03.2006 für die Beklagte als Büroleiter in China mit dortigem Wohnsitz beschäftigt. Die Beklagte erstattete ihm und den anderen dort tätigen Mitarbeitern die Kosten für die Miete. Ab August 2005 verweigerte die Beklagte gegenüber dem zwischenzeitlich gekündigten Kläger die Fortsetzung dieser Übung unter Berufung auf die im Arbeitsvertrag enthaltene Schriftformklausel. Nach dem Formulararbeitsvertrag bedürfen Änderungen und Ergänzungen des Vertrages sowie der Verzicht auf das Schriftformerfordernis der Schriftform.

Der 9. Senat des Bundesarbeitsgerichts stellte fest, dass der Kläger einen Erstattungsanspruch gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber hat. Die Schriftformklausel sei zu weit gefasst und daher gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unswirksam. Beim Arbeitnehmer werde entgegen den Schutzvorschriften des § 305 b BGB der Eindruck erweckt, auch eine mündliche individuelle Vertragsabrede sei wegen der Nichteinhaltung der Schriftform gemäß § 125 Satz 2 BGB unwirksam.

Karsten Klug
Rechtsanwalt

Arbeitsrecht: Leiharbeitnehmer sind bei der Berechnung der Anzahl der Mitarbeiter gem. § 23 KSchG zu berücksichtigen

Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 24.01.2013, Aktenzeichen: 2 AZR 140/12

Leiharbeitnehmer sind bei der Berechnung des Betriebes (Kleinbetriebsklausel) gemäß § 23 KSchG zu berücksichtigen.

Nach § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG gilt der Kündigungsschutz für alle nach dem 31.12.2003 eingestellten Arbeitnehmern nur in Betrieben, in denen in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden. Das BAG urteilte nunmehr aktuell, dass bei der Berechnung der Betriebsgröße auch beschäftigte Leiharbeitnehmer mit zu berücksichtigen sind, wenn ihr Einsatz auf einen in der Regel vorhandenen Personalbedarf beruht. Dies würde sich aus Sinn und Zweck bei der Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen ergeben. Der Kläger war seit Juli 2007 bei der Beklagten beschäftigt. Diese beschäftigte einschließlich des Klägers zehn eigene Angestellte. Im November 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristgerecht. Mit der Kündigungsschutzklage hat der Kläger geltend gemacht, bei der Anzahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer seien auch die von der Beklagten eingesetzten Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen. Arbeitsgericht sowie Landesarbeitsgericht hatten jeweils die Klage abgewiesen, da das Kündigungsschutzgesetz ihrer Ansicht nach keine Anwendung fände. Die Revision des Klägers hatte vor dem 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts jedoch Erfolg. Es sei nicht auszuschließen, dass im Betrieb der Beklagten mehr als zehn Arbeitnehmer im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG beschäftigt waren. Bei der Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern steht nicht schon entgegen, dass sie kein Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber begründet haben. Die Herausnahme der Kleinbetriebe aus dem Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes soll der dort häufig in persönlicher Zusammenarbeit, ihrer zumeist geringen Finanzausstattung und dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Verwaltungsaufwand, den ein Kündigungsschutzprozess mit sich bringt, die Inhaber kleinerer Betriebe typischerweise stärker belaste. Dies rechtfertigt jedoch keine Unterscheidung danach, ob die den Betrieb kennzeichnende regelmäßige Personalstärke auf dem Einsatz eigener oder entliehener Arbeitsnehmer beruhe. Allerdings hat der Senat die Sache zur neuen Verhandlungsentscheidung an das LAG zurückverwiesen. Es stünde noch nicht fest, ob die zum Kündigungszeitpunkt im Betrieb tätigen Leiharbeitnehmer aufgrund eines regelmäßigen oder eines für den Betrieb in der Regel nicht kennzeichnenden Geschäftsanfalles beschäftigt waren.

Fazit:
Nach alledem müssen sich Firmen, die regelmäßig Leiharbeitnehmer beschäftigen, auch im Rahmen von Kündigungen Gedanken zu dem Punkt machen, ob die Leiharbeitnehmernur einen vorübergehenden Mehrbedarf decken sollen oder ob sie einen regelmäßig vorhandenen Arbeitsbedarf abdecken. Vorsorglich sollten Arbeitgeber im Falle von Kündigungen Leiharbeitnehmer mitzählen und sich rechtzeitig über die Kündigungsgründe Gedanken machen. Hierdurch können teure Arbeitsgerichtsverfahren sowie große Abfindungsansprüche gekündigter Arbeitnehmer verhindert jedoch zumindest erheblich reduziert werden.

Karsten Klug
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Arbeitsrecht: Allgemeine Informationen zum Bereitschaftsdienst

Bereitschaftsdienst ist dadurch gekennzeichnet, dass dieser Dienst außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit erbracht wird (vgl. Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 24.01.2006, NZA 2006, Seite 862). Kennzeichnend für den Bereitschaftsdienst ist, dass der Arbeitgeber von dem Arbeitnehmer verlangt, sich an einen bestimmten Ort innerhalb oder außerhalb des Betriebs aufzuhalten, damit erforderlichenfalls die volle Arbeitstätigkeit auf Anweisung unverzüglich aufgenommen werden kann (vgl. BAG Urteil vom 25.04.2007, NZA 2007, Seite 1108). Dem Grunde nach stellt der Bereitschaftsdienst somit eine Aufenthaltsbeschränkung dar und keine volle Arbeitsleistung. Es ist möglich, dass sich Bereitschaftsdienst nahtlos an die Regelarbeitszeit anschließt (vgl. BAG Urteil vom 25.04.2007, NZA 2007, Seite 1108). Der Bereitschaftsdienst setzt nicht voraus, dass lediglich unvorhergesehene Arbeiten anfallen und nur für solche die Arbeitsleistung abgerufen wird. Vielmehr kann auch von Erfahrungswerten ausgegangen werden, wonach während dieser Zeiten tatsächlich Arbeiten anfallen (vgl. ebenfalls Bundesarbeitsgericht vom 25.04.2007, NZA 2007, Seite 1108).

Bereitschaftsdienst = Arbeitszeit?

Mittlerweile ist völlig klar, dass Bereitschaftsdienst im vollen Umfange als Arbeitszeit gilt. Somit ist sie auf die gesetzliche Höchstarbeitszeit im Sinne des § 3 Satz 1 Arbeitszeitgesetzes anzurechnen. Grundsätzlich ist es gerechtfertigt, wenn für den Bereitschaftsdienst ein anderes Entgelt zwischen den Arbeitsvertragsparteien vereinbart wird, als für die volle Arbeit. Dies allein aus dem Grund heraus, dass keine volle Arbeitsleistung während des Bereitschaftsdienstes abgerufen wird, sondern lediglich eine Aufenthaltsbeschränkung verbunden mit der Verpflichtung, bei Bedarf unverzüglich tätig zu werden, vereinbart ist (vgl. Urteil des BAG vom 12.03.2008, NJOZ 2008, Seite 4189).

Achtung: Sind in einem Arbeitsvertrag jedoch keine differenzierenden Regelungen aufgenommen worden, sind die Zeiten des Bereitschaftsdienstes bzw. die Bereitschaftszeit genauso zu vergüten, wie die Vollarbeitszeit.

Rufbereitschaft / Bereitschaftsdienst

Im Gegensatz zum Bereitschaftsdienst, welcher vollumfänglich als Arbeitszeit qualifiziert wird, ist hingegen die sogenannte Rufbereitschaft Ruhezeit und somit keine echte Arbeitszeit. Hier ist der Unterschied, dass sich der Arbeitnehmer selbst aussuchen kann, wo er sich aufhält. Verlangt wird lediglich, dass er telefonisch per Piepser oder wie auch immer erreichbar ist und alsbald, was auch immer dies genau heißen mag, zur Verfügung stehen könnte. Das BAG hat in seiner Entscheidung vom 31.01.2002, Aktenzeichen: 6 AZR 214/00, entschieden, dass eine Regelung, welche von dem Arbeitnehmer verlangt, binnen 20 Minuten an der Dienststelle zu sein, zu knapp sei und somit mit dem Sinn und Zweck der Rufbereitschaft nicht vereinbar sei.

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Arbeitsrecht: Werden Leiharbeitnehmer bei dauerhafter Überlassung Arbeitnehmer des Entleihers?

Das LAG Berlin-Brandenburg machte auf sich Anfang diesen Jahres dadurch aufmerksam, dass es den gleichen Sachverhalt in unterschiedlichen Kammern unterschiedlich beurteilte. Mit Urteil vom 16.10.2012 urteilte die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg, dass auch die dauerhafte Überlassung eines Leiharbeitnehmers kein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer begründe. Selbst wenn nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG n. F. die Überlassung von Leiharbeitnehmern nur vorübergehend erfolgen dürfe, führe dies nicht zu einem Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher. Eine solche Rechtsfolge sähe nämlich das Gesetz ausdrücklich nicht vor. Es könne gerade in solchen Fällen nicht von einem rechtsmissbräuchlichen Strohmanngeschäft ausgegangen werden. Dies gelte jedenfalls dann, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Ende des Jahres 2011 (Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes) abgeschlossen worden sei.

In dieser Entscheidung (Az.: 7 Sa 1182/12) hatte eine Krankenschwester geklagt, welche bei einem Tochterunternehmen der beklagten Krankenhausbetreibergesellschaft beschäftigt war. Diese Tochtergesellschaft verfügt über die Erlaubnis einer Arbeitnehmerüberlassung. Sie setzte die Klägerin für die gesamte bisher über vierjährige Dauer des Arbeitsverhältnisses als Leiharbeitnehmerin ausschließlich bei der Beklagten ein. Mit der Klage machte die Klägerin geltend, dass durch die nicht nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung ein Arbeitsverhältnis zwischen ihr und der Beklagten zustandegekommen sei. Das LAG wies die Klage ab, allerdings ist die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen worden. Nach Auffassung der 7. Kammer des Landesarbeitsgerichtes Berlin-Brandenburg sei im Gesetz nicht näher geregelt, bis zu welcher zeitlichen Grenze eine nur vorübergehende Überlassung vorläge und ferner welche Rechtsfolgen eine dauerhafte Überlassung auslösen würden. Insbesondere sei nicht geregelt, ob in einem solchen Fall ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer zustande komme.

In der Entscheidung vom 09.01.2013, Aktenzeichen: 15 Sa 1635/12, urteilte die 15. Kammer des Landesarbeitsgerichtes Berlin-Brandenburg, dass die Arbeitnehmerüberlassung nur vorübergehend erfolgen dürfe. Wird ein Arbeitnehmer dauerhaft überlassen, läge kein Fall der erlaubten Arbeitnehmerüberlassung vor. Eine ohne Erlaubnis durchgeführte Arbeitnehmerüberlassung führe regelmäßig gemäß § 10 Abs. 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) zu einem Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher sowie dem Leiharbeitnehmer. Zwar sei im Gesetz nicht geregelt, wann nur ein vorübergehender Einsatz anzunehmen sei und welche Rechtsfolgen hier angeknüpft seien, gleichwohl hielt die 15. Kammer des Landesarbeitsgerichtes Berlin-Brandenburg fest, dass zwischen dem Entleiher sowie dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis bestünde. Es stelle einen institutionellen Rechtsmissbrauch dar, wenn das konzerneigene Verleihunternehmen nicht am Markt werbend tätig sei und eine Beauftragung nur dazu diene, Kosten zu senken und kündigungsschutzrechtliche Wertungen ins Leere laufen zu lassen. Auch die 15. Kammer des LAG Berlin-Brandenburg lies die Revision zum Bundesarbeitsgericht zu.

Fazit:
Aufgrund der divergierenden Entscheidungen ist es äußerst spannend und es bleibt abzuwarten, wie nun das Bundesarbeitsgericht in den Sachen entscheiden wird. Insbesondere denke ich, dass ein Arbeitsverhältnis als Rechtsfolge des Verstoßes der nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung nicht die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zur Rechtsfolge hat. Eine solche Rechtsfolge müsste ausdrücklich geregelt sein. Dies ist jedoch nicht der Fall. Sollte es tatsächlich so sein, dass nunmehr durch das Merkmal der vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung im Falle der Überschreitung dieses Merkmals ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zustande käme, wäre damit mehr oder minder das Geschäftsmodell der Arbeitnehmerüberlassung tot. In vielen Fällen ist die Arbeitnehmerüberlassung über mehrere Jahre angelegt. Zwar haben sich in einigen Bereichen die jeweilig beteiligten Parteien durch Tarifverträge o. ä. zusammengeschlossen und vereinbart, es solle regelmäßig eine Überprüfung der Möglichkeit der Festanstellung durchgeführt werden. Gleichwohl sind in der Praxis auch innerhalb dieser Tarifverträge keine zwingenden Rechtsfolgen daran geknüpft, wenn die Leiharbeit eben nicht nur vorübergehend ist.

Mitgeteilt von

Karsten Klug
Rechtsanwalt
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