Arbeitsrecht: Kündigung: Wenn der Betriebsrat unberechtigt die elektronische Personalakte einsieht

Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 12.11.2012, Aktenzeichen: 17 TaBV 1318/12.
Das LAG Berlin-Brandenburg hatte den Fall des unberechtigten Zugriffs eines Betriebsratsmitglieds auf die elektronische Personalakte zu entscheiden. Hier hatte das Betriebsratsmitglied in zahlreichen Fällen unberechtigt Zugriff auf die elektronische Personalakte genommen. Nach Einlassung des Mitgliedes wollte er einem Informationsbedürfnis des Betriebsrats entsprechen. Der Arbeitgeber wollte zum Einen den Ausschluss des Arbeitnehmers aus dem Betriebsrat und zum Anderen eine fristlose Kündigung.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg urteilte, dass der Antrag des Arbeitgebers auf Ausschluss des Arbeitnehmers aus dem Betriebsrat berechtigt sei. In den unberechtigten Zugriffen auf das Personalinformationssystem läge ein erheblicher Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz sowie eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der betroffenen Beschäftigten und damit eine grobe Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Pflichten. Der Betriebsrat sei verpflichtet, über die Einhaltung des Bundesdatenschutzgesetzes zu wachen und die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer zu schützen. Verstößt ein Betriebsratsmitglied gegen diese Pflichten oder verletzt dabei die Rechte der Arbeitnehmer in erheblicher Weise, so ist dies ein wichtiger Grund für den Ausschluss aus dem Betriebsrat.

Die fristlose außerordentliche Kündigung sei jedoch nach Ansicht der Richter nur zulässig, wenn zum Einen ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB vorläge und desweiteren der Betriebsrat der außerordentlichen Kündigung zugestimmt habe (§ 103 BVG) oder ferner wenn die Zustimmung des Betriebsrats zur fristlosen Kündigung durch das Arbeitsgericht ersetzt worden wäre. Zu einer fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses reiche das Verhalten jedoch nicht aus, so entschied das LAG Berlin-Brandenburg. Einen entsprechenden Antrag auf Ersetzung der Zustimmung hat das LAG zurückgewiesen, da die Zugriffe auf das Personalinformationssystem allein aufgrund und zum Zwecke der Betriebsratstätigkeit erfolgt seien. Auch die Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten rechtfertige vorliegend unter Abwägung der wechselseitigen Interessen nicht die sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses. (Der betroffene Arbeitnehmer stand seit 1998 im Arbeitsverhältnis und war seit 2001 BR-Mitglied und seit 2005 freigestellter stellvertretender Betriebsratsvorsitzender).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Karsten Klug
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Arbeitsrecht: Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Urteil vom 14.11.2012, Aktenzeichen: 5 AZR 886/11

In der vorgenannten Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass es zulässig ist, individuell bereits ab dem ersten Tag der Erkrankung eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen zu lassen. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 Entgeltfortzahlungsgesetz ist der Arbeitgeber hierzu berechtigt. Die Ausübung dieses Rechtes steht im Ermessen des Arbeitgebers und ist nicht an besondere Voraussetzungen gebunden.

Die Klägerin war bei der beklagten Rundfunkanstalt als Redakteurin beschäftigt. Sie stellte für den 30.11.2010 einen Dienstreiseantrag, dem der Vorgesetzte nicht entsprach. Auch eine nochmalige Anfrage am 29.11.2010 wurde negativ beschieden. Sodann meldete sie am 30.11.2010 die Klägerin krank und erschien erst am Folgetag wieder zur Arbeit. Hierauf forderte die Beklagte die Klägerin auf, künftig bereits am ersten Tag der Krankmeldung einen Arzt aufzusuchen und ein entsprechendes ärztliches Attest vorzulegen. Mit der Klage hat die Klägerin den Widerruf dieser Weisung begehrt und geltend gemacht, dass das Verlangen des Arbeitgebers auf Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits für den ersten Tag der Erkrankung einen sachlichen Rechtfertigungsgrund benötige. Außerdem sehe der für den Beklagten geltende Tarifvertrag ein entsprechendes Recht überhaupt nicht vor.

Auch die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen. Mit der Revision hat die Klägerin ihr Ziel weiterverfolgt. Auch die Revision blieb jedoch ohne Erfolg. Die Richter des Bundesarbeitsgerichtes urteilten, dass die Ausübung des dem Arbeitgeber von § 5 Abs. 1 Satz 3 Entgeltfortzahlungsgesetz eingeräumte Recht im nicht gebundenen Ermessen des Arbeitgebers stünde. Es sei insbesondere nicht erforderlich, dass gegen den Arbeitnehmer ein begründeter Verdacht bestehe, er habe in der Vergangenheit eine Erkrankung nur vorgetäuscht. Eine tarifvertragliche Regelung stünde nur dann entgegen, wenn sich das Recht des Arbeitgebers aus § 5 Abs. 1 Satz 3 Entgeltfortzahlungsgesetz ausdrücklich ausschließt. Da dies vorliegend nicht der Fall war, war die Klage abzuweisen.

Karsten Klug
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Arbeitsrecht: Die Neuregelungen für Minijobs ab 01.01.2013

Ab dem 01.01.2013 wird die Entgeltgrenze für sogenannte Minijobs auf 450,00 € angehoben. Maßgeblich ist nicht die Zahl der geleisteten Stunden bzw. monatlichen Arbeitseinsätze, sondern die tatsächliche Entgeltgrenze. Bei der Prüfung werden maximal 12 Monate zugrundegelegt. Danach darf das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt im Schnitt einer Jahresbetrachtung 450,00 € nicht übersteigen. Dies entspricht umgerechnet 5.400,00 € jährlich. Um Missbrauch vorzubeugen, gilt, dass sofern bereits zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses feststeht, dass dies nicht durchgängig für 12 Monate gegen Arbeitsentgelt besteht, die zulässige Arbeitsentgeltgrenze für den Gesamtzeitraum zu reduzieren ist. Fallen in einem Kalendermonat Beginn und Ende wechselnder Tätigkeiten zusammen, so gilt für diesen Kalendermonat ebenfalls die volle Entgeltgrenze von 450,00 €. Fällt in einem Monat ein Minijob weg und wird ein neuer eingegangen, so bleibt das Entgelt des wegfallenden Jobs im Prinzip unberücksichtigt.

Regelmäßige einmalige Einnahmen, deren Gewährung mit hinreichender Sicherheit zu erwarten sind, sind bei der Ermittlung des regelmäßigen Arbeitsentgeltes zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für einmalige Zuwendungen, die aufgrund eines Tarifvertrages gezahlt werden. Sind Einmalzahlungen jedoch vom Geschäftsergebnis oder einer individuellen Arbeitsleistung des Vorjahres abhängig, bleiben diese bei der Ermittlung des regelmäßigen Arbeitsentgeltes grundsätzlich unberücksichtigt (So z. B. im Rahmen einer individuellen Prämie einer leistungsorientierten Bezahlung).

War früher ein Minijobber grundsätzlich sozialversicherungsfrei, so ändert sich dies bezüglich der Rentenversicherung. Ab 2013 besteht gegenüber der Rentenversicherung auch bei einem Arbeitsentgelt von höchstens 450,00 € grundsätzlich zunächst eine Versicherungspflicht. Allerdings ist die Beschäftigung nach wie vor kranken-, pflege- und arbeitslosenversicherungsfrei. Auf Antrag des jeweiligen Minijobbers können diese von der Rentenversicherungspflicht befreit werden. Auch ab dem 01.01.2013 gilt grundsätzlich, dass Arbeitgeber den jeweiligen Minijobber bei der Minijobzentrale anzumelden haben. Möchte sich dann ein Minijobber von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen, muss er bei seinem Arbeitgeber einen schriftlichen Antrag einreichen. Der Arbeitgeber muss den vorliegenden Befreiungsantrag die Meldung an die Minojobzentrale mit dem BGR RV 5 übermitteln. Dieser darf erst verwendet werden, ab dem die Befreiung wirksam wird.

Der Befreiungsantrag selbst soll beim Arbeitgeber verbleiben. Dieser soll den Antrag zu den Entgeltunterlagen nehmen. Damit kann der Arbeitgeber im Falle einer späteren Prüfung nachweisen, dass der BGR RV 5 korrekt verwendet worden ist. Widerspricht die Minijobzentrale nach entsprechendem Eingang der Arbeitgebermeldung nicht innerhalb eines Monats, gilt der Arbeitnehmer als rentenversicherungsfrei. Sodann gilt zugunsten des Arbeitnehmers die Befreiung. Sie wirkt rückwirkend ab dem Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten beim Arbeitgeber eingegangen ist. Der Arbeitgeber muss diese Befreiung bis zur nächsten Entgeltabrechnung, spätestens jedoch innerhalb von sechs Wochen nach Eingang des Befreiungsantrages, an die Minijobzentrale melden. Verschläft der Arbeitgeber dies, beginnt die Befreiung erst nach Ablauf des Kalendermonats, der den Kalendermonat des Eingangs der Meldung bei der Minijobzentrale folgt.

Im Falle von mehreren Beschäftigungsverhältnissen, die trotz Zusammenrechnungsregelung die Entgeltgrenze von 450,00 € monatlich nicht übersteigen, gilt für jedes Beschäftigungsverhältnis die Befreiung. Aufgrund dessen sollte ein Mehrfachbeschäftigter Arbeitnehmer sämtliche Arbeitgeber über das Vorliegen der Befreiung sowie den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung in Kenntnis setzen.

Grundsätzlich gilt für bestehende Minijob-Arbeitsverhältnisse, dass sofern sich das Arbeitsentgelt von bis zu 400,00 € nicht erhöht, auch über den 31.12.2012 hinaus, dass diese fentenversicherungsfrei bleiben. Der Personenkreis kann durch schriftliche Erklärung die Rentenversicherungspflicht frei wählen. Achtung jedoch bei entsprechender Entgelterhöhung. Wird nach dem 01.01.2013 das Arbeitsentgelt auf bis zu 450,00 €, gelten die neuen Regelungen. Es gilt dann das zuvor in Bezug auf die Rentenversicherungspflicht Gesagte. Im Gesetz ist eine Übergangsregelung von zwei Jahren normiert. Arbeitnehmer, die bereits am 31.12.2012 in einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis ein monatliches Arbeitentgelt zwischen 400,01 € sowie 450,00 € erzielt haben, bleiben für längstens zwei Jahre versicherungspflichtig zu den jeweiligen Versicherungszweigen. Diese Übergangsregelung läuft am 31.12.2014 aus, so dass ab 01.01.2015 für die Betroffenen dann Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit besteht. Die Betroffenen können sich jedoch bereits vorher von der Versicherungspflicht befreien lassen. Auch hierzu ist ein entsprechender Antrag bei den jeweiligen Sozialversicherungsträgern erforderlich. Für die Kranken- und Pflegeversicherung ist der Antrag spätestens bis zum 02.04.2013 bei der jeweiligen Krankenkasse zu stellen. Die Befreiung kann dann rückwirkend vom 01.01.2013 an wirken, wenn seit diesem Zeitpunkt noch keine Leistungen in Anspruch genommen worden sind. Sind jedoch Leistungen erfolgt, tritt die Versicherungsfreiheit mit Beginn des Kalendermonats ein, der auf die Antragstellung folgt. In Bezug auf die Arbeitslosenversicherung muss die Befreiung bei der Bundesagentur für Arbeit gesondert beantragt werden. Hier wirkt die Befreiung vom 01.01.2013 an, wenn sie bis zum 02.04.2013 beantragt worden ist. Allerdings ist der Antrag auch noch später hier möglich. In Bezug auf Arbeitsverhältnisse mit einem Arbeitsentgelt zwischen 400,01 € und 450,00 €, welches bereits vor dem 01.01.2013 bestand, gilt, dass Rentenversicherungspflicht weiterhin besteht. Diese endet frühestens ab dem 01.01.2015.

Nähere Informationen gibt es auch auf der Seite der Minijobzentrale unter www.minijob-zentrale.de

Karsten Klug
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht