Arbeitsrecht: Kündigungsschutz – Teil 1

Teil 1: Der Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes:

Das Kündigungsschutzgesetz bietet dem Deutschen Arbeitnehmer besonderen umfassenden Bestandsschutz für das jeweilige Arbeitsverhältnis.

Gemäß §§ 1, 23 KSchG findet das Kündigungsschutzgesetz allerdings nur auf Arbeitsverhältnisse Anwendung, die länger als 6 Monate bestehen und für Betriebe, in denen regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt werden. Aufgrund der Gesetzesänderung vom 24.12.2003 wurde die Schwelle auf 10 Arbeitnehmer angehoben, vor dem 31.12.2003 bestehende „Alt“ Arbeitsverhältnisse können sich dagegen auf eine Mindestarbeitnehmeranzahl von 5 Arbeitnehmer berufen und die Anwendung des Kündigungsschutzgesetz in Anspruch nehmen.

Findet das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung, haben die Arbeitnehmer nur die Möglichkeit sich einen bestimmten Rechtschutz zu sichern. Die Kündigungen sind hier nur nach Sitten- oder Treuwidrigkeit gemäß §§ 138, 242 BGB zu prüfen. Arbeitgeber können diese Arbeitsverhälnisse relativ leicht lösen. Kündiungsschutzklagen führen in diesen Fällen bestenfalls zu meinem Verglich in Bezug auf die Zeugnisausstellung und die Zeugnisformulierung. Damit sollen letztlich nur grobe Missbrauchsfälle verhindert werden. Inhaber von sogenannten Kleinbetrieben sollen sich jedoch schneller von Arbeitnehmer lösen können, um noch schneller auf betriebswirtschaftliche Belange reagieren zu können.

Wenn unter mehreren Arbeitnehmern eine Auswahl zu treffen ist, muss der Arbeitgeber ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme walten lassen. In der Praxis wird dies häufig als „kleine Sozialauswahl“ bezeichnet. Der Arbeitgeber ist hier aber nicht an die strengen Kriterien einer echten Sozialauswahl gebunden, sondern lediglich gehalten, die sozialen Hintergründe der vergleichbaren Arbeitnehmer wie etwa Unterhaltspflichten oder das durch langjährige Mitarbeit verdiente Vertrauen in den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bei der Auswahl des zu Kündigenden zu berücksichtigen.

Bei dieser Prüfung kommt es immer auf die Gesamtumstände des Einzelfalles an. Die Bewertung erfolgt dabei im Lichte der allgemeinen Gesetze (inkl. Grundgesetz) unter der Maßgabe, einen Ausgleich zwischen dem Kündigungsinteresse des Arbeitgebers und dem Mindestschutz des Arbeitsplatzes herzustellen.

 

Arbeitsrecht: Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes

Urteil des BAG vom 26.06.2008 (2 AZR 264/07): Das Bundesarbeitsgericht hat sich erneut mit dem Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes und dort insbesondere mit der Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf Eigenschaft Kleinbetrieb und die entsprechenden Voraussetzungen.

Kleinbetriebe sind nach § 23 Abs. 1 KSchG solche, die in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer beschäftigen. Sofern ein Arbeitnehmer in einem Kündigungsschutzprozess geltend machen will, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt sei, muss er darlegen und beweisen, dass die nach § 23 Abs. 1 KSchG erforderliche Beschäftigungszahl erreicht ist. Allerdings genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast bereits dann, wenn er die ihm bekannten Anhaltspunkte dafür vorträgt, dass kein Kleinbetrieb vorliegt. Sodann muss sich der Arbeitgeber wiederum vollständig zu der Anzahl der Beschäftigten im Betrieb erklären. Bleibt auch nach Beweiserhebung unklar, ob die für den Kündigungsschutz erforderliche Beschäftigtenzahl erreicht ist, geht dieser Zweifel zu Lasten des Arbeitnehmers.

In dem konkreten Fall hatte der Arbeitnehmer geltend gemacht, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt, die Beklagte beschäftige 14 Arbeitnehmer und sei kein Kleinbetrieb. Die Beklagte wandte ein, dass die Kündigung keiner sozialen Rechtfertigung bedurft habe, da für sie ein Kleinbetrieb sei. Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen, da die Klägerin nicht hinreichend dargelegt habe, dass die Beklagte mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftige. Das Bundesarbeitsgericht hob das Berufungsurteil auf und verwies die Angelegenheit zurück an das Landesarbeitsgericht. Zwar sei es nach wie vor richtig, dass den Arbeitnehmer für die Frage der Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes grundsätzlich die Beweislast treffe. Allerdings hatte das Berufungsgericht nach Ansicht der BAG – Richter hier zu hohe Anforderungen gestellt (s.o.).

 

Fazit:

Zwar obliebt dem Arbeitnehmer im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses die Darlegungs- und Beweislast, dass bei seinem (Ex-)Arbeitgeber mehr als 10 Mitarbeiter regelmäßig beschäftigt werden. Allerdings gilt auch hier der Grundsatz der abgestuften Darlegungs- und Beweislast. Kann der Arbeitnehmer z.B. durch Nennung von Namen und ungefähren Arbeitszeiten darlegen, dass die Möglichkeit besteht, dass über 10 Mitarbeiter beschäftigt werden, liegt es wieder am Arbeitgeber diese Tatsachen zu erschüttern. In aller Regel wird durch die Gericht dann empfohlen, dass ein „neutraler Dritter“  – z.B. ein Steuerberaten attestiert und bescheinigt wieviel Mitarbeiter mit wieivielen Stunden wöchentlich bei dem Arbeitgeber beschäftigt werden.

Arbeitsrecht: Kündigungsschutz – Die Kündigung

Kündigung, allgemeines zu Kündigung
Die Kündigung beendet ein Arbeitsverhältnis. Sie ist eine einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung, die das Arbeitsverhältnis sofort (außerordentlich) oder nach Ablauf einer Frist (ordentlich) beendet. Eine Mitwirkungspflicht des Arbeitnehmers ist grundsätzlich nicht erforderlich. Die Kündigung muss nur ordnungsgemäß dem Arbeitnehmer zugehen, das heißt in seinen Machtbereich gelangen. Die beste Möglichkeit ist die persönliche Übergabe unter Zeugen oder die Zustellung per Boten. Auch ein Einwurfeinschreiben kann ausreichen, wenn nachweisbar ist, dass es sich bei dem Postbeleg tatsächlich um die Versendung des Kündigungsschreibens handelt.

Ordentliche Kündigung
Hier ist zu beachten, dass ein Arbeitnehmer ohne Kündigungsgrund jederzeit ohne gesetzliche oder tarifliche Beschränkungen kündigen kann. Ein Arbeitgeber hingegen unterliegt meist einigen Beschränkungen. Gilt das KündigungsschutzG, so muss eine Kündigung sozial gerechtfertigt sein, um wirksam zu werden. Ferner gibt es besondere Beschränkungen bei bestimmten Gruppen, wie Schwerbehinderte, Schwangere, junge Mütter. Über Tarifverträge können andere als die gesetzlichen Kündigungsfristen gelten bzw. auch Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen für ordentlich unkündbar erklärt werden. Hier bleibt sodann nur noch die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund ggf. mit einer sogenannten Auslauffrist.

Außerordentliche Kündigung
Eine sogenannte fristlose Kündigung führt zur sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und muss sich nicht an gesetzliche, tarifliche oder arbeitsvertragliche Fristen halten. Allerdings erfordert Sie einen wichtigen Grund (§ 626 BGB). Dieser liegt nur vor, wenn Tatsachen vorliegen, die im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung unter Abwägung der Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer die ordentliche Beendigung der Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen. Dieser Beschränkung unterliegen beide Parteien. Beweisbelastet ist der Arbeitgeber. Erhebt der Arbeitnehmer Einwendungen gegen die fristlose Kündigung des Arbeitgebers muss der Arbeitnehmer diese Tatsachen beweisen.

Änderungskündigung
Hier versucht in der Regel der Arbeitgeber eine Veränderung des Arbeitsverhältnisses zu seinen Gunsten herbei zu führen, in dem er das Arbeitsverhältnis kündigt und ein Neues zu veränderten Konditionen für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist anbietet. Wichtig ist hierbei, dass nur die Punkte des Arbeitsvertrages geändert werden, die auch zwingend erforderlich sind. Gehaltsreduktionen mittels einer Änderungskündigung herbeizuführen sind äußerst schwierig. Greift das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) vollständig, muss auch die Änderungskündigung sozial gerechtfertigt sein.
Die Ausschlussfrist nach § 626 Abs. 2 BGB führt dazu, dass eine außerordentliche Kündigung innerhalb einer 2 –  wöchigen Frist nach Kenntnis der zur Kündigung führenden Gründe zu erfolgen hat.