Beschäftigtendatenschutz – Aktuelle Entwicklungen

Nachdem der Gesetzesentwurf zur Änderung des BDSG und hinsichltich des Einführens eines Arbeitnehmerdatenschutzgesetzes lange Zeit „auf Eis“ lag, kommt aktuell neuer Schwung in die Angelegenheit.

—Der aktuelle Entwurf sieht folgende Änderungen vor:

§ 32 BDSG soll geändert und um weitere §§ 32a bis 32 l BDSG ergänzt werden. Die Neuregelungen werden danach folgende Kernpunkte enthalten:

—Grundsatz: Die Datenerhebung im Beschäftigungsverhältnis ist nur dann zulässig, soweit sie zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses überhaupt erforderlich ist.
  • Fragerecht im Einstellungsverfahren: Hier gibt es nun klare gesetzliche Regelungen. Außer den Kontaktdaten (Name, Anschrift, Telefonnummer, Emailadresse) des Bewerbers darf der Arbeitgeber lediglich die Beschäftigtendaten erfragen, die er benötigt, um die Eignung des Bewerbers für die in Betracht kommende Tätigkeit festzustellen. Es besteht keine Pflicht zu anonymen Bewerbungen.
  • Zulässigkeit von Internetrecherchen: Der Arbeitgeber darf sich grundsätzlich aus allgemein zugänglichen Quellen informieren. Dies gilt jedoch nicht für soziale Netzwerke, die der Kommunikation dienen (z.B. Facebook, studiVZ etc.). Bei Netzwerken hingegen, die ohnedies der beruflichen Darstellung der Qualifikation der Mitglieder dienen (wie z.B. Xing, Lined etc.), soll dagegen die Recherche erlaubt sein.
  • Ärztliche Untersuchungen: Für Beide gleichsam (Bewerber als auch bereits bestehende Beschäftigte) gilt, dass ärztliche Untersuchungen nur zulässig sind, soweit der Arbeitsplatz spezifische gesundheitliche Anforderungen stellt. Die untersuchenden Ärzte dürfen dem Arbeitgeber auch nicht die konkrete Diagnose mitteilen, sondern lediglich, ob der Arbeitnehmer für den Arbeitsplatz geeignet ist. Zudem sind routinemäßige Blutuntersuchungen zur Klärung einer Alkohol- oder Drogenabhängigkeit nicht zulässig.
  • —Korruptionsbekämpfung / Compliance– Anforderungen: Der Arbeitgeber darf grundsätzlich vorhandene Beschäftigungsdaten verwenden, um Leistungs- und Verhaltenskontrollen durchzuführen. Datenabgleiche mit automatisierten Verfahren sind nur unter strengen Voraussetzungen und nur zur Aufdeckung von Straftaten und anderen schwerwiegenden Pflichtverletzungen zulässig. Eine Datenerhebung ohne Kenntnis des Beschäftigten mit Hilfe von technischen Mitteln zum Abhören oder Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes ist unzulässig.
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  • Videoüberwachung: Unzulässig ist die heimliche Videoüberwachung eines Arbeitnehmers. Eine offene oder angekündigte Videoüberwachung ist nur aus im Gesetz abschließend genannten Gründen zulässig (Zutrittskontrolle, Schutz des Eigentums, Wahrnehmung des Hausrechts, Sicherheit des Beschäftigten, Abwehr von Gefahren für die Sicherheit des Betriebes, Qualitätskontrolle, Sicherung von Anlagen). Dabei muss dies zur Wahrung wichtiger Interessen des Betriebes erforderlich und verhältnismäßig sein. Sanitär- und Umkleideräume dürfen nicht überwacht werden (Räume die überwiegend der privaten Lebensgestaltung dienen).
  • —Ortungssysteme und biometrische Verfahren: Die Datenerhebung durch Ortungssysteme (GPS) ist nur während der Arbeits- und Beschäftigungszeiten zur Sicherheit des Beschäftigten oder zur Koordinierung des Einsatzes des Beschäftigten zulässig. Biometrische Merkmale eines Arbeitnehmers dürfen nur dann erhoben werden, wenn dies aus dringenden betrieblichen Gründen zu Autorisierungs- und Authentifikationszwecken erforderlich ist und keine schutzwürdigen Belange des Arbeitnehmers dem entgegenstehen.
  • —Internet-, Telefon- und Emailnutzung: Die Kontrolle durch den Arbeitgeber ist im notwendigen Maß zur Gewährleistung des ordnungsgemäßen technischen Betriebs, zu Abrechnungszwecken sowie zu Zwecken der Leistungs- und Verhaltenskontrolle möglich. Inhalte von Telefonaten sind besonders geschützt. Bei der erlaubten privaten Nutzung von Telekommunikationsdiensten des Arbeitgebers bleibt es letztlich bei der geltenden Rechtslage nach dem Telekommunikationsgesetz.

Neuregelungen im aktuellen Entwurf (aus Januar 2013):

  • Es gibt in § 32 Abs. 2 BDSG neben dem Verweis auf § 8 AGG nun auch die Möglichkeit (klarstellend), dass, sofern dies explizit für den Arbeitsplatz erforderlich ist, Daten über Vermögensverhältnisse, Vorstrafen und laufenden Ermittlungsverfahren gespeichert werden dürfen.
  • Ferner dürfen Daten eines Beschäftigten aus allgemein zugägnlichen Quellen (z.B. Internet) auch ohne Kenntnis des Betroffenen erhoben werden, es sei denn, dass schutzwürdige Belange entgegenstehen. Die konkreten Regelungen zu sozialen Netzwerken, wurden gestrichen.
  • Neu ist auch, dass selbst vor dem Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses Arbeitnehmerdaten an Dritte weitergeleitet werden dürfen. Allerdings ist auf den konkreten Zweck hinzuweisen und dies ist zwingend durch den Dritten einzuhalten.
  • Nur bei konkretem Verdacht einer strafbaren Handlung (insbesondere bei Vermögensdelikten) darf der Arbeitgeber ein sog. Screening durchführen. Die Möglichkeiten des anlasslosen Screenings sind somit beschränkt worden.
  • Die Speicherung von Daten ohne Kenntnis des Arbeitnehmers (auch Video- oder Tonüberwachung)  soll nur dann zulässig sein, wenn der Verdacht eines erheblichen Pflichtverstoßes vorliegt. Die bloße Vermutung soll nicht ausreichend sein. Vielmehr wird sich an den Anforderungen der fristlosen Kündigung (§ 626 BGB) orientiert. Liegen die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung vor, so sind auch die Anforderungen des neuen § 32 e Abs. 2 BDSG gegeben.
  • Bei der Videoüberwachung gibt es in dem aktuellen Entwurf eine Auflistung von Fällen, die jedoch nicht abschließend sind. Daneben tritt das Erfordernis des wichtigen betrieblichen Interesses sowie die „rechtliche Verpflichtung“ zur Qualitätskontrolle.
  • Im Rahmen von Ortungssystemen hat diese der betriebliche Datenschutzbeauftragte vorab zu kontrollieren (Vorabkontrolle durch den DSB). Gleiches gilt für biometrische Verfahren.
  • Bei der rein dienslichen Nutzung von Telekommunikationsmitteln darf der Arbeitgeber die gewonnen Daten auch zu Leistungskontrollen sowie z.B. zur Berechnung v0n Vergütungsbestandteilen nutzen.
  • Auch das Mitschneiden / Überwachen von Telefonaten (sofern dies zu den Hauptleistungspflichten des Arbeitnehmers gehört) ist dem AG nach dem neuen § 32 i Abs. 3 gestattet. Auch ohne Kenntnis des Betroffenen zur allgemeinen Leistungs- und Verhaltenskontrolle. Allerdings sind die Arbeitnehmer vorher zu informieren, dass entsprechende Kontrollen stattfinden, wobei der genaue Zeitraum anzugeben ist.
  • § 32 k enthält nun für die Arbeitgeber die vereinfachte Möglichkeit, Änderungen / Löschungen von Daten Dritten mitzuteilen (Änderungsdienst). Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass dieses in der Realtität schwierig ist umzusetzen und nachzuweisen. Es wäre eine Vollprotokollierung nötig. Zudem müssten entsprechende Protokolle lange aufbewahrt werden, was dem Zwecke des Datenschutzes zuwider liefe. Somit sind Änderungen an Dritte nicht mitzuteilen, wenn schutzwürdige Interessen des Betroffenen nicht entgegenstehen – dies nicht erforderlich ist, dies unmöglich ist oder dies zu aufwändig ist.
  • Nach dem neuen Gesetzesentwurf soll es ein „Konzernprivileg“ geben, welches es zuvor nicht gegeben hat. Die Übermitllung von „Beschäftigtendaten“ zwischen zwei rechtlich selbständigen Einheiten ist danach zulässig (§ 32 m BDSG im neuen Entwurf).

 

Aktuelle weitere Informationen erhalten Sie auf dem Blog:

https://beschds.wordpress.com/2013/01/12/beschaftigtendatenschutz-andergungsvorschlag-fur-innenausschus-sitzung-am-16-januar-2013/

Am 16.1.2013 ist die nächste Ausschusssitzung.  Es bleibt abzuwarten, ob und wenn ja nun in welcher Form das Beschäftigendatenschutzgesetz verabschiedet wird. Zudem bleibt es spannend, ob doch eine Anlehnung an den Entwurf einer EU-Datenschutzverordnung erfolgt.

Mitgteilt von RA Karsten Klug
Fachanwalt für Arbeitsrecht Hamburg