Arbeitsrecht: Urteil des BAG zur „vorübergehenden“ Arbeitnehmerüberlassung

BAG, Urteil vom 03. Juni 2014 – 9 AZR 111/13

In der vorgenannten Entscheidung vom 03.06.2014 hat das Bundesarbeitsgericht die Frage aufgelöst, ob ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG und damit eine nicht nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung zu den Rechtsfolgen des § 10 Absatz 1 AÜG entsprechend führt. Dies hat das BAG jedoch zutreffend im Ergebnis abgelehnt.

Bereits im Jahre 2013 hatte ich in meinem Block auf die Entscheidungen des LAG Berlin hingewiesen, die den Stein letztlich ins Rollen brachten. Die 15. Kammer des LAG Berlin-Brandenburg hatte seinerzeit geurteilt, dass die Rechtsfolge einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung in der Konsequenz eine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung sei, so dass ein Arbeitsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher zustande kommen würde (§ 10 Abs. 1 AÜG).

Hingegen hatte bereits die 7. Kammer des LAG Berlin-Brandenburg den Fall anders gesehen. Diese hatten (meiners erachtens zu Recht) darauf hingewiesen, dass das Gesetz eben gerade keine Rechtsfolge anknüpfe. Im Ergebnis bliebe auch die dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung sanktionslos; jedenfalls werde kein Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Entleiher dadurch begründet.

 

In dem Revisionsverfahren der Sache der 7. Kammer des LAG Berlin-Brandeburg hat nun das BAG die Entscheidung des LAG bestätigt und festgestellt, dass

ein Verstoß gegen das ab dem 01. Dezember 2011 geltende Verbot der nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nicht gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG zum Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer führt, wenn der Verleiher die nach § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG erforderliche Erlaubnis hat, seine Arbeitnehmer Dritten zur Arbeitsleistung zu überlassen.“

Unter Verweis auf die Entscheidung BAG, Urteil vom 10. Dezember 2013 – 9 AZR 51/13 –, BAGE 146, 384-396 hat das BAG erneut bestätigt, dass der Gesetzgeber eine Sanktion im Falle des Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG gerade nicht getroffen hat. Der Gesetzgeber habe bis zum 30.11.2011 bewusst darauf verzichtet, die Dauer der Arbeitnehmerüberlassung zu begrenzen. Dieses ergäbe sich aus der Neukonzeption des Rechts der Arbeitnehmerüberlassung durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungenam Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002. In der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung sei in § 3 Abs. 1 nr. 6 AÜG noch eine Höchstüberlassungsdauer von 24 aufeinanderfolgenden Monaten geregelt gewesen. Dieses habe man durch Art. 6 Nr. 3 Buchstabe b) des Ersten Dienstleistungsgesetzes aufgehoben. Damit sei klar, dass der Gesetzgeber ausdrücklich eine zeitliche Beschränkung der Arbeitnehmerüberlassung nicht mehr regeln wollte.

Gleichwohl kommt nach Auffassung des BAG eine analoge oder richtlinienkonforme Auslegung des § 10 AÜG bei einem Verstoß gegen die vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung nicht in Betracht. § 10 AÜG fingiere das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses ausschließlich für den Fall des Fehlens der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis des Verleihers. Diese Voraussetzung läge nicht  vor. Des Weiteren sei auch nicht von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen, da der Gesetzgeber bewusst die Dauer nicht beschränkt habe und auch keinerlei Sanktion angeknüpft habe. Auch sei die Situation eines nicht nur vorübergehend überlassenen Arbeitnehmers mit der Situation eines ohne Erlaubnis überlassenen Arbeitnehmers nicht vergleichbar. Aufgrund dessen scheide ebenfalls eine analoge Anwendung des § 10 Abs. 1 s. 1 AÜG aus.

Nämliches gelte auch für die Leiharbeitsrichtlinie (Richtlinie 2008/104/EG des Rates vom 19. November 2008). Diese gäbe den Mitgliedstaaten an die Hand, Sanktionen bei Verstößen gegen die Richtlinie zu verhängen, regele jedoch selbst ebenfalls keinerlei Sanktionen.

 

Fazit:

Auch die dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung ist nach der aktuellen Rechtslage erlaubt bzw. zumindest sanktionslos. Ob und inwieweit der Gesetzgeber nun handelt, bleibt abzuwarten. Derzeit ist jedoch die Arbeitnehmerüberlassung nach wie vor ein adäquates Modell für Arbeitgeber, um entsprechende Arbeitsspitzen aufzufangen oder ggf. zeitlich begrenzt Arbeitnehmer zu beschäftigen, ohne enge Bindung und der Gefahr, diese nur mit hohen Abfindungszahlungen wieder kündigen zu können.

Karsten Klug
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Hamburg

Datenschutzrecht: Das Auskunftverlangen

Urteil des Landgerichts München vom 20.09.2005 Aktenzeichen 2 S 3548/05

In der zuvor zitierten Entscheidung hat das Landgericht München festgestellt, dass ein gemäß § 34 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) gerichtlich geltend zu machender Auskunftsanspruch voraussetzt, dass der „vermeindliche“ Anspruchsteller darlegt und glaubhaft macht, dass er „Betroffener“ im Sinne des § 3 Abs. I Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) ist. Somit muss die Beklagte personenbezogene Daten über ihn gespeichert haben oder speichern.

Durch die Darlegung der Betroffenheit soll der Missbrauch ausgeschlossen werden. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Datenschutzrecht keine anderen Hürden kennt, und ohne die Darlegung der Betroffenheit letztlich jeder einfach Auskunft begehren könnte, stellt die Darlegung der eigenen Betroffenheit eine wesentliche Voraussetzung dar.

Es muss aus der Sicht eines typischen oder der speziellen Betroffenen eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten denkbar erscheinen. Dies ist zum Beispiel bei verantwortlichen Stellen, die ihrem Geschäftsmodell nach Daten über Jedermann haben könnten (wie zum Beispiel Auskunft über ein Schufa Telekom Dienstleistungen Online Anbieter) grundsätzlich der Fall. In anderen Fällen genügt es, wenn der Auskunftssuchende die Art der zu beauskunftenden Daten darlegt, gemäß seinen Obliegenheiten nach § 34 Abs. I Satz 2 Bundesdatenschutzgesetz.

Karsten Klug

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Datenschutzrecht: Die Bestellung zum Datenschutzbeauftragten

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 13.03.2007, Aktenzeichen 9 AZR 612/05:

In der zuvor zitierten Entscheidung stellte das Bundesarbeitsgericht fest, dass in dem Falle, in dem ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber mit Zustimmung des Arbeitnehmers gemäß § 4 f Abs. I Satz 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) zum Beauftragten für den Datenschutz des Betriebes bestellet wird, sich regelmäßig der Inhalt des Arbeitsvertrages verändert. Die Aufgaben des Datenschutzbeauftragten werden insoweit zur zusätzlichen Arbeitsaufgabe.

Allein eine Veränderung durch Ausübung des Direktionsrechts seitens des Arbeitsgebers genügt nicht. Ein solches umfassendes Direktionsrecht besteht nicht. Gehört zudem die Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten zum arbeitsvertraglichen Pflichtenkreis des Arbeitnehmers, können die Bestellungen nach § 4 f Abs. III Satz 4 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) nur bei gleichzeitiger Teilkündigung der arbeitsvertraglich geschuldeten Sonderaufgabe wirksam widerrufen werden. Das schuldrechtliche Grundverhältnis sowie die Bestellung nach dem Bundesdatenschutzgesetz sind zwangsläufig miteinander verknüpft. Allerdings ist eine Teilkündigung hinsichtlich der Aufgaben des Datenschutzbeauftragten zulässig. In diesem Falle fällt dann die Aufgabe des Datenschutzbeauftragten weg.

Geklagt hatte ein Arbeitnehmer der bei einem Krankenhausträger seit mehreren Jahren auch als Datenschutzbeauftragter berufen war. In 2000 bzw. 2003 gab es Abberufungen des Klägers als Datenschutzbeauftragter durch den Landrat des Landkreises. Hiergegen wandte sich der Kläger mit einem Feststellungsbegehren und hatte in allen Instanzen Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht führte hierzu aus, dass nach § 4 Abs. III Satz 4, 1. Halbsatz Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) die Bestellung zum Beauftragten für den Datenschutz in entsprechende Anwendung von § 626 BGB widerrufen werden könne. Allerdings werde, sofern die Bestellung eines Arbeitnehmers unter gleichzeitiger einvernehmlicher Änderung der arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten erfolge, die Abberufung nur dann wirksam, wenn auch der Inhalt des Arbeitsverhältnisses entsprechend geändert wird. Die Bestellung eines Arbeitnehmers zum Datenschutzbeauftragten gemäß § 4 f Abs. I Satz 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) bedürfe regelmäßig einer entsprechenden Erweiterung der arbeitsvertraglichen Aufgaben durch Vertragsänderung. Das Bundesdatenschutzgesetz regelt gerade nicht, welches Rechtsverhältnis mit der Bestellung begründet werden soll. Insofern verlangt § 4 f Abs. II Satz 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) lediglich die erforderliche Fachkunde sowie Zuverlässigkeit. Auch müsste der Datenschutzbeauftragte kein Beschäftigter des beauftragenden Unternehmens sein. Auf der einen Seite steht somit die schuldrechtliche Verpflichtung die besonderen Aufgaben als Verantwortlicher für den Datenschutz zu übernehmen und auf der andreren Seite die öffentlich rechtliche Verpflichtung bzw. Ernennung nach dem BDSG. Lediglich in Ausnahmefällen wird neben dem Arbeitsvertrag lediglich ein Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 611 und 675 BGB geschlossen. Hierzu bedürfe es jedoch einer ausdrücklichen Abrede. Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts lasse sich der regelmäßige Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrages nicht damit begründen, dass dieser die gemäß § 4 f Abs. III Satz 2 BDSG bestehende Weisungsfreiheit des Datenschutzbeauftragten eine andere Grundlage als einen Arbeitsvertrag erfordere. Das Argument, dass ein Arbeitsvertrag als Gestaltungsmittel grundsätzlich ausscheide wegen der Weisungsgebundenheit eines Arbeitnehmers, überzeugt nicht. Denn gerade wenn der Datenschutzbeauftragte bereits aufgrund seines Grundverhältnisses keinerlei Weisungen des beauftragenden Unternehmens unterworfen sei, hätte es der Regelungen in § 4 f Abs. III Satz 2 Bundesdatenschutzgesetz BDSG überhaupt nicht bedurft. Diese Vorschrift jedoch schließt ausdrücklich möglicherweise schon bestehende Weisungsrechte für die Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten aus. Auch werde der Datenschutzbeauftragte nicht gänzlich weisungsfrei tätig. Dies trifft lediglich auf die Bereiche der Verantwortung für den Datenschutz zu. Zudem entscheidet zwar der Datenschutzbeauftragte eigenverantwortlich, (§ 4 f Abs. III Satz 2 Bundesdatenschutzgesetz), der Arbeitgeber kann jedoch Prüfaufträge erteilen. Schließlich sei der Arbeitgeber auch berechtigt die Amtsausübung des Datenschutzbeauftragten zu überwachen.

Aufgrund der Tatsache, dass im vorliegenden zu entscheidenden Fall eine entsprechende formwirksame Teilkündigung des Arbeitsvertrages nicht bestand und eine Änderung der arbeitsvertraglichen Pflichten nicht durchgeführt worden ist, sondern es lediglich bei der formalen Abberufung des Datenschutzbeauftragten (des Klägers) blieb, hielt das Bundesarbeitsgericht diese reine Abberufung für nicht ausreichend, so dass dem Feststellungsantrag des Klägers stattzugeben war.

Es sei in diesem Zusammenhang auf folgende Umstände hingewiesen:

  1. Wegen des Nachteilverbotes des § 4 Abs. III Satz 2 Bundesdatenschutzgesetz ist eine unbezahlte Mehrbelastung durch eine zusätzliche Aufgabe verboten.
  2. Die Abberufung allein rechtfertigt wegen des Benachteiligungsverbotes auch keine Beendigungskündigung oder Änderungskündigung mit eventuellen Nachteilen wie zum Beispiel Wegfall einer Zulage
  3. Es bleibt dem Arbeitgeber, sofern er den Datenschutzbeauftragten nicht mehr als Datenschutzbeauftragten haben möchte nur die Möglichkeit eine Teilkündigung. Es fällt dann lediglich die Aufgabe des Datenschutzbeauftragten weg. Der Arbeitgeber ist verpflichtet eine solche genaue exakte Zeitkündigung gegenüber dem Arbeitnehmer zu erklären.

Karsten Klug

Fachanwalt für Arbeitsrecht