Überprüfen Sie bitte Ihre Arbeitsverträge

Änderung des § 309 Nr. 13 BGB

Seit Oktober 2016 gilt gem. § 309 Nr. 13 a) bis c) folgendes:

„Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam
13.

(Form von Anzeigen und Erklärungen)

eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, gebunden werden

a) an eine strengere Form als die schriftliche Form in einem Vertrag, für den durch Gesetz notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist oder
b) an eine strengere Form als die Textform in anderen als den in Buchstabe a genannten Verträgen oder
c) an besondere Zugangserfordernisse;“

Arbeitsverträge werden als AGB qualifiziert und müssen somit die Anforderungen der §§ 305 ff. BGB erfüllen. Dies liegt insbesondere daran, dass üblicherweise Arbeitsverträge vom Arbeitgeber vorgegeben werden und für eine Vielzahl von Mitarbeitern gelten.

Was bedeutet dies nun?

Die Änderungen des § 309 Nr. 13 BGB sind in Bezug auf Arbeitsverträge insbesondere bei der Vereinbarung von sogenannten „Ausschlussfristenregelungen“ oder auch „Verfallklauseln“ relevant. Diese dienen dazu, dass beide Parteien, aber insbesondere auch der Arbeitgeber, schneller Rechtsklarheit erhalten. Es soll vermieden werden, dass ein Arbeitnehmer (m/w), der möglicherweise schon längst aus dem Unternehmen ausgeschieden ist, nun nachträglich noch diverse Ansprüche auf Urlaubsabgeltung, Überstunden, sonstige Gehaltsnachforderungen etc. stellt. Hierzu hätte nämlich ohne der Vereinbarung von entsprechenden Ausschlussfristenregelungen der Arbeitnehmer (m/w) ansonsten 3 Jahre Zeit nach den allgemeinen Verjährungsregelungen.

Da in den üblicherweise formulierten Ausschlussfristenregelungen enthalten ist, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis z.B. binnen einer Frist von 3 Monaten schriftlich geltend zu machen sind und nach Ablauf dieser First verfallen, wäre eine solche Regelung nun mit § 309 Nr. 13 BGB nicht mehr vereinbar und daher unwirksam. Gem. § 309 Nr. 13 b) BGB muss nunmehr die reine Textform genügen.

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Schriftform und Textform?

Die Schriftform ist in § 126 BGB geregelt. Dieser lautet wie folgt:

„§ 126 Schriftform

(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.

(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.

(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.“

Das bedeutet, dass früher es durchaus zulässig war, dass der Arbeitnehmer (m/w) in einem eigenhändig unterschriebenen Brief an den Arbeitgeber seine Forderungen geltend machen musste. Tat er dies beispielsweise nicht gem. der obigen Regelung binnen 3 Monaten oder hat er nur eine E-Mail / SMS /WhatsApp oder ähnliches geschickt, war dies keine ordnungsgemäße Geltendmachung. Die Ansprüche waren dann verfallen.

Im Gegensatz zur Schriftform und der eigenhändigen Unterschrift bedeutet nun Textform gem. § 126 b BGB folgendes:

§ 126b Textform

Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das

1. es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und2. geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben.“

Aufgrund der vorgenannten Regelungen genügen Erklärungen per Papier, USB-Stick, CD-Rom, Festplatte, Speicherkarte, E-Mails sowie Computerfaxe diesen Anforderungen der Textform. Allerdings kann, soweit eine gesetzliche explizite Pflicht zur Textform nicht besteht, auch vereinbart werden, dass SMS- oder WhatsApp – Nachrichten diesen Anforderungen genügen.

Insofern sollten Sie als Arbeitgeber Ihre Verträge überprüfen und die Ausschlussfristenregelungen überarbeiten. Jedenfalls für neue Arbeitsverträge, die erst ab bzw. im Oktober 2016 abgeschlossen werden, gelten die neuen Regelungen. Für Altverträge gelten noch die alten Regelungen, welche bis zum 30.09.2016 im BGB geregelt waren. Aber Vorsicht: Ändern Sie auch bei einem alten Vertrag mehrere Klauseln durch Ergänzungsvertrag / Zusatzvereinbarung sollten Sie auch zwingend die Ausschlussfristenregelung überarbeiten und neu regeln.

Für diesbezügliche Fragen stehe ich Ihnen natürlich gerne beratend zur Verfügung.

Karsten Klug
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Arbeitsrecht
in Hamburg.

Arbeitsrecht: Kontrolle von Arbeitsverträgen

Allgemeine Infos
Bekanntermaßen handelt es sich bei Arbeitsverträgen um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Zudem ist der Arbeitnehmer als Verbraucher anzusehen. Selbst wenn also der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag nur einmalig nutzt, greifen zumindest die §§ 305 c Abs. 2 – 309 BGB. Wenn die AGB für eine Vielzahl von Verträgen genutzt werden (bei allen Arbeitnehmern nahezu die gleichen Arbeitsverträge), dann ist zusätzlich das Verbot überraschender Klauseln (§ 305 c Abs. 1 BGB) zu berücksichtigen.

Überraschende Klauseln
Mit dem Verbot überraschender Klauseln ist gemeint, dass Klauseln unwirksam sind, die so ungewöhnlich sind, dass der Arbeitnehmer mit diesen Klauseln nicht gerechnet hat und damit auch nicht zu rechnen brauchte. Der Arbeitnehmer soll hier vor einer Überrumpelung geschützt werden (vgl. BAG Urt. V. 9.5.2007 – 4 AZR 319/06). Angenommen worden ist dies beispielsweise durch das Bundesarbeitsgericht bei einer Ergänzungsklausel in der die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses geregelt war. Auch Zusatzvereinbarungen, die neben der Bestätigung des Empfangs von Arbeitspapieren, etc. eine Regelung enthält nach der der Arbeitnehmer auf sämtliche Rechte aus dem Arbeitsvertrag verzichte (vgl. BAG Urt. V. 23.2.2005 – 4 AZR 139/04).

Ausschluss von Tarif-, Betriebs- und Dienstverträgen
Die Überprüfung von Tarifverträgen, Betriebs- und Dienstvereinbarungen ist nach § 310 Abs. 4 S. 1 BGB ausgenommen. Die §§ 305 ff BGB sind somit darauf nicht anzuwenden. Darüber hinaus wird in § 310 Abs. 4 S. 2 BGB darauf hingewiesen, dass „bei der Anwendung der AGB – Vorschriften auf Arbeitsverträge stets die Besonderheiten des Arbeitsrechts“ zu berücksichtigen sind. An dieser Stelle bleibt wieder reichlich Interpretationsspielraum für Juristen übrig. Das Bundesarbeitsgericht hatte lediglich in einer Entscheidung vom 4.3.2004 – 8 AZR 344&/03 entschieden, dass die so genannten Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit nicht zwingend uneingeschränkt zur Anwendung kommen.

Gang der AGB-Prüfung
Zunächst erfolgt die „AGB-Prüfung“ vom Besonderen zum Allgemeinen. Das bedeutet, dass zunächst die konkreten Ausschlüsse gem. § 308, 309 BGB geprüft werden. Sind danach die Bestimmungen des Arbeitsvertrages wirksam bleiben noch die allgemeinen Prüfungspunkte § 305 c und § 307 BGB. Letztere Norm, nach welcher Bestimmungen den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, spielt in Zusammenhang mit Arbeitsverträgen eine zentrale Rolle. Auch diese sehr allgemein gehaltene Vorschrift ist durch zahlreiche Rechtsprechung der Gerichte und insbesondere des BAG konkretisiert worden. Letztlich wird durch diese Vorschrift allgemeinhin die Angemessenheit der vertraglichen Regelung geprüft. Beispielsweise hat vor diesem Hintergrund das Arbeitsgericht eine Klausel für unwirksam erklärt, durch die sich der Arbeitgeber die Rückforderung von Sonderzuwendungen vorbehalten hatte. Das BAG erklärte eine solche Regelung z. B. im Urteil vom 28.5.2008 – 10 AZR 351/07 für unwirksam, da sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteilige.

Die Transparenzkontrolle
Weicht zwar schließlich eine vertragliche Regelung nicht von der gesetzlichen Regelung ab, kommt jedoch das sogenannte „Transparenzgebot“ zur Anwendung. Eine Bestimmung muss danach klar und verständlich formuliert sein (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB). Bestehen bei einer Regelung Verständnisschwierigkeiten bzw. Zweifel bei der Auslegung, gehen diese grundsätzlich zu Lasten des Verwenders und somit des Arbeitgebers. Allerdings muss die Gefahr bestehen, dass der Arbeitnehmer aufgrund der Verständnisschwierigkeit seine Rechte nicht wahrnimmt. Erst darin liegt die unangemessene Benachteiligung (Vgl. BAG Urt. V. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06). In diesem Fall hatte der Arbeitgeber sich im Arbeitsvertrag zur Zahlung eines Bonusses verpflichtet, in einer anderen Klausel den Rechtsanspruch darauf jedoch ausgeschlossen. Diese Unklarheit bzw. dieser Widerspruch ginge zu Lasten des Arbeitgebers urteilten die BAG – Richter.

Praxistipp:
Aufgrund dessen sollten Arbeitgeber ihre Arbeitsverträge regelmäßig prüfen lassen und auf keinen Fall selbst welche aus dem Internet zusammenbasteln. Hier ist in jedem Fall Vorsicht geboten und kann im Streitfalle dazu führen, dass der Arbeitnehmer plötzlich Forderungen in erheblicher Höhe gegen den Arbeitgeber geltend machen kann.

Rufen Sie mich gerne hierzu an.

RA Karsten Klug