BEM – Gespräch: Geht dies alle BR – Mitglieder an?

Unterliegt ein zu einem BEM – Erstgespräch eines Beschäftigten hinzugezogenes Betriebsratsmitglied einer Schweigepflicht gegenüber den anderen Betriebsratsmitgliedern?

Zunächst hängt überhaupt die Beteiligung eines Betriebsratsmitgliedes bei einem BEM – Erstgespräch gem. § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX von der Zustimmung des betroffenen Beschäftigten ab. Hierdurch wird deutlich, dass der betroffene Beschäftigte bzgl. des BEM – Gespräches und des entsprechenden Verfahrens nach § 167 II 1 SGB IX „Herr des Verfahrens“ ist. Ohne die Zustimmung des Betroffenen würde ein solches Verfahren überhaupt nicht durchgeführt werden können.

Zunächst gilt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (z.B. BAG, NZA 2016, 1283), dass es sich bei dem Verfahren des § 167 II 1 SGB IX (früher § 84 II 1 SGB IX) um ein nichtformalisiertes Verfahren handelt, welches den Beteiligten einen Spielraum offen lasse.

Es obliegt allein der Entscheidung des Betroffenen, ob dieser ein Betriebsratsmitglied dabei haben möchte oder eben nicht. Ferner lässt sich gut durch einen „Erst – recht – Schluss“ argumentieren, dass der Betroffene auch die Wahl hat, nur ein bestimmtes BR – Mitglied seines Vertrauens zu dem BEM-Gespräch hinzuzuziehen (vgl. Prof. Dr. Kort, NZA 2019, S. 502 ff.).

Zieht nun ein Betroffener ein bestimmtes BR – Mitglied zu einem BEM – Gespräch hinzu, stellt sich die Frage, ob für dieses BR – Mitglied eine besondere Verschwiegenheit gegenüber den anderen BR – Mitgliedern gilt.

Die Regelungen des BetrVG hierzu sind durchaus unterschiedlich. § 79 I BetrVG schreibt eine allgemeine Schweigepflicht vor, welche jedoch nach § 79 I 3 BetrVG nicht innerhalb des Betriebsrates gilt. Letztlich lässt sich auch aus den § 99 I 3 BetrVG oder § 102 I 5 BetrVG keine Verschwiegenheitsverpflichtungen der BR – Mitglieder untereinander ableiten.

In der Literatur wird zum Teil angenommen, dass eine Parallele zwischen dem § 167 II 1 SGB IX und den §§ 81 – 83 BetrVG gibt, da letztere die Wahrnehmung individueller Arbeitnehmerrechte regeln und somit vergleichbar seien. Aus ihnen lasse sich eine Verschwiegenheitsverpflichtung entnehmen, so dass das BR – Mitglied, welches durch den Betroffenen zu einem BEM – Gespräch hinzugezogen wird, ebenfalls einer Verschwiegenheit gegenüber den übrigen BR – Mitgliedern unterliegt (vgl. Prof. Dr. Kort, a. a. O. mit weiteren Nachweisen).

Und was sagt das neue Datenschutzrecht (DS-GVO, BDSG 2018) dazu?

Früher ist wohl überwiegend die Auffassung vertreten worden, dass das alte Bundesdatenschutzgesetz aufgrund seiner Nachrangigkeitsklausel in § 1 III z.B. vom SGB verdrängt werden würde. Eine solche Subsidiaritätsklausel kennt die DS-GVO nicht. Zwar enthält § 1 II BDSG (2018) noch eine eingeschränkte Subsidiarität, gleichwohl schließt dieses nicht die Regelungen der DS-GVO aus.

Demzufolge kann z.B. aus § 26 BDSG in der aktuellen Fassung auch nicht entnommen werden, dass dieses die Vorgaben der DS-GVO aushebelt. So räumt Art. 88 DS-GVO dem jeweiligen nationalen Gesetzgeber nicht ein, das Arbeitsrecht gänzlich aus dem Anwendungsbereich der DS-GVO zu nehmen.

Somit hat selbstverständlich auch der Betriebsrat (unabhängig von seiner datenschutzrechtlichen Einordnung als eigene verantwortliche Stelle oder Teil des Arbeitgebers) die Bestimmungen des Datenschutzes zu beachten.

Art. 5 I lit. c) DS-GVO bestimmt, dass personenbezogene Daten dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein müssen („Datenminimierung“). Aus diesem Grundsatz der Datensparsamkeit, den es auch im alten Datenschutzrecht gab, folgt, dass auch das nur als Unterstützer hinzugezogene BR – Mitglied jene Informationen, die es in einem BEM – Gespräch nach § 167 II 1 SGB IX erlangt, nicht mit anderen BR – Kolleginnen und Kollegen teilen darf. Diese Verarbeitung der personenbezogenen Daten innerhalb des Gremiums wäre im Zweifel nicht von dem Zweck des BEM – Verfahrens und der dortigen Verarbeitung personenbezogener Daten gedeckt.

Etwas Anderes kann dann gelten, wenn man auch dieses explizit in der Einwilligung des Betroffenen mitregelt. Also wenn transparent und den Erfordernissen des Art. 7 DS-GVO folgend der Betroffene darin einwilligt, dass das hinzugezogene BR – Mitglied die im BEM – Gespräch erlangten Informationen mit anderen BR – Mitgliedern teilen möchte.

In vielen Betriebsvereinbarungen zu BEM – Maßnahmen ist geregelt, dass diese Daten von der „Arbeitsgruppe BEM“ oder ähnliches bearbeitet werden würden bzw. die Arbeitsgruppe BEM dieses für den BR durchführt. Sofern innerhalb eines Betriebsrates dieses an einen extra hierfür bestimmten Personenkreis delegiert werden soll, ist darauf zu achten, dass dieses auch klar in den Informationsschreiben an den Betroffenen enthalten ist und dass der Betroffene darin einwilligt, dass dieser Arbeitskreis innerhalb des Gremiums Zugriff auf die im Rahmen des BEM – Verfahrens erlangten personenbezogenen Daten (unter anderem ja auch besondere personenbezogene Daten im Sinne des Art. 9 DS-GVO – Gesundheitsdaten) erhält. Hier ist § 26 III BDSG bzw. Art. 9 DS-GVO zu beachten.

Nach alledem sind BR – Mitglieder, die individuell persönlich zu einem BEM – Gespräch herangezogen werden, gut beraten, wenn sie die Informationen aus diesem BEM – Gespräch nicht mit ihren BR – Kolleginnen und Kollegen teilen und auch dafür Sorge tragen, dass entsprechende Unterlagen verschlossen und vor dem Zugriff Dritter geschützt sind.

Gesetzesänderungen im Januar 2017

Was ändert sich zum 01.01.2017?

1. Mindestlohn

Der Mindestlohn ist ab dem 01.01.2017 von 8,50 € brutto auf 8,84 € brutto je Stunde erhöht worden.

Diese Änderung basiert auf einem Vorschlag der Mindestlohnkommission. Diese wird der Regierung alle 2 Jahre einen entsprechenden Vorschlag nach Überprüfung unterbreiten.

2. Sozialversicherung, Rentenversicherung und Sozialgesetzbuch

a)
Beitragssatz in der gesetzlichen Renteversicherung: weiterhin ab 01.01.2017 18,7 %
Beitragssatz in der knappschaftlichen Rentenversicherung: ab 01.01.2017 24,8 %

b)
Weiterhin schrittweise Anhebung der Altersrente auf 67

1952 geborene (ohne Vertrauensschutz) erreichen die Regelaltersgrenze mit 65 Jahren und 6 Monaten
für die folgenden Geburtsjahrgänge erhöht sich die Regelaltersgrenze um je einen weiteren Monat
Erst für Jahrgänge ab 1964 und jünger wird die Regelaltersgrenze bei 67 Jahren liegen.

Ab dem 01.01.2017 gilt auch für Bezieher einer vorzeitigen Vollrente die Versicherungspflicht, wenn sie neben dem Bezug einer solchen Vollrente noch arbeiten.
Bezieher einer Vollrente ab Erreichen der Regelaltersgrenze sind zwar weiterhin versicherungsfrei, wenn sie parallel zum Rentenbezug weiter arbeiten; es besteht jedoch die Möglichkeit, auf die Versicherungsfreiheit zu verzichten. In diesem Fall müssten sie auch Rentenversicherungsbeiträge zahlen, erwerben hierdurch aber zusätzliche Rentenanwartschaften.

c)

Der Abgabesatz der Künstlersozialabgabe wird ab dem 01.01.2017 von 5,2 % auf 4,8 % gesenkt.

d)

Ab dem 01.01.2017 gilt für Beschäftigte in der Gleitzone (450,01 € bis 850 € Arbeitsentgelt im Monat) der neue Gleitzonenfaktor in Höhe von 0,7509. Der Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz beträgt 2017 39,95 %.

3. Belange behinderter Menschen

Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) ist ebenfalls verabschiedet worden. Zu dessen Umsetzung wird begonnen, Leistungen für Menschen, die aufgrund einer wesentlichen Behinderung nur eingeschränkte Möglichkeiten der Teilhabe haben, aus dem bisherigen Fürsorgepflichten der Sozialhilfe herauszuführen und die Eingliederungshilfe zu einem modernen Teilhaberecht weiterzuentwickeln. Die Regelungen sind in einem neuen Teil 2 des SGB IX enthalten. Neben der grundsätzlichen Neuausrichten von einem überwiegend einrichtungszentrierten zu einem personenzentrierten Leistungssystem soll die Lebenssituation von Menschen mit Behinderung deutlich verbessert werden. Seit dem 01.01.2017 gelten bereits folgende Änderungen:

Schwerbehindertenrecht – Recht der Schwerbehindertenvertretung

  • Der Schwellenwert für die Freistellung der Vertrauensperson wird von derzeit 200 schwerbehinderten Menschen im Betrieb auf 100 abgesenkt-
  • Die Schwellenwerte für die Heranziehung der Stellvertreter werden nach oben gestaffelt, so dass dann die Vertrauenspersonen in größeren Betrieben mehr Stellvertreter heranziehen können als die derzeit maximal möglichen 2.
  • Es entfällt bei der Fortbildung die Einschränkung, dass ein Stellvertreter nur bei ständiger Heranziehung, häufiger Vertretung der Vertrauensperson auf längere Zeit oder absehbarem Nachrücken in das Amt einen Anspruch hat.
  • Der Arbeitgeber übernimmt zukünftig auch die Kosten einer Bürokraft für die Schwerbehindertenvertretung in erforderlichem Umfang.
  • Eine Kündigung, die der Arbeitgeber ohne Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausspricht, ist künftig unwirksam.
  • In der gewerblichen Wirtschaft wird bei Betriebsübergang für die Schwerbehindertenvertretungen ein Übergangsmandat geschaffen, wie es für den Betriebsrat in § 21 a BetrVG geregelt ist.
  • Der Inklusionsgedanke wird im BetrVG stärker verankert (ausdrückliche Aufnahme der Inklusion behinderter Menschen in den Katalog möglicher Themen für eine Betriebsvereinbarung und bei der Personalplanung).
  • Aus der „Integrationsvereinbarung“ im SGB IX wird nun die „Inklusionsvereinbarung“.

Auch in Werkstätten für behinderte Menschen gibt es zahlreiche neue Regelungen. Insbesondere werden die Rechte des Werkstattrates gestärkt. Es erfolgt jetzt auch eine Unterscheidung zwischen Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten. Die Mitbestimmung betrifft:

  • Ordnung und Verhalten der Werkstattbeschäftigten einschließlich Aufstellung und Änderung einer Werkstattordnung
  • Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, Pausen, Zeiten für die arbeitsbegleitenden Maßnahmen zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit und zur Weiterentwicklung der Persönlichkeit, Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage und die damit zusammenhängende Regelung des Fahrdienstes, vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der üblichen Arbeitszeit
  • Arbeitsentgelt, insbesondere Aufstellung und Änderung von Lohngruppen, Zeit, Ort, und Art der Auszahlung
  • den Urlaubsplan für die Werkstattbeschäftigten
  • die Verpflegung
  • die Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen zur Überwachung des Verhaltens und der Leistung der Werkstattbeschäftigten
  • Fort- und Weiterbildung
  • soziale Aktivitäten der Werkstattbeschäftigten

Für weitergehende Informationen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

RA Karsten Klug
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Hamburg

 

Überprüfen Sie bitte Ihre Arbeitsverträge

Änderung des § 309 Nr. 13 BGB

Seit Oktober 2016 gilt gem. § 309 Nr. 13 a) bis c) folgendes:

„Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam
13.

(Form von Anzeigen und Erklärungen)

eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, gebunden werden

a) an eine strengere Form als die schriftliche Form in einem Vertrag, für den durch Gesetz notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist oder
b) an eine strengere Form als die Textform in anderen als den in Buchstabe a genannten Verträgen oder
c) an besondere Zugangserfordernisse;“

Arbeitsverträge werden als AGB qualifiziert und müssen somit die Anforderungen der §§ 305 ff. BGB erfüllen. Dies liegt insbesondere daran, dass üblicherweise Arbeitsverträge vom Arbeitgeber vorgegeben werden und für eine Vielzahl von Mitarbeitern gelten.

Was bedeutet dies nun?

Die Änderungen des § 309 Nr. 13 BGB sind in Bezug auf Arbeitsverträge insbesondere bei der Vereinbarung von sogenannten „Ausschlussfristenregelungen“ oder auch „Verfallklauseln“ relevant. Diese dienen dazu, dass beide Parteien, aber insbesondere auch der Arbeitgeber, schneller Rechtsklarheit erhalten. Es soll vermieden werden, dass ein Arbeitnehmer (m/w), der möglicherweise schon längst aus dem Unternehmen ausgeschieden ist, nun nachträglich noch diverse Ansprüche auf Urlaubsabgeltung, Überstunden, sonstige Gehaltsnachforderungen etc. stellt. Hierzu hätte nämlich ohne der Vereinbarung von entsprechenden Ausschlussfristenregelungen der Arbeitnehmer (m/w) ansonsten 3 Jahre Zeit nach den allgemeinen Verjährungsregelungen.

Da in den üblicherweise formulierten Ausschlussfristenregelungen enthalten ist, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis z.B. binnen einer Frist von 3 Monaten schriftlich geltend zu machen sind und nach Ablauf dieser First verfallen, wäre eine solche Regelung nun mit § 309 Nr. 13 BGB nicht mehr vereinbar und daher unwirksam. Gem. § 309 Nr. 13 b) BGB muss nunmehr die reine Textform genügen.

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Schriftform und Textform?

Die Schriftform ist in § 126 BGB geregelt. Dieser lautet wie folgt:

„§ 126 Schriftform

(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.

(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.

(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.“

Das bedeutet, dass früher es durchaus zulässig war, dass der Arbeitnehmer (m/w) in einem eigenhändig unterschriebenen Brief an den Arbeitgeber seine Forderungen geltend machen musste. Tat er dies beispielsweise nicht gem. der obigen Regelung binnen 3 Monaten oder hat er nur eine E-Mail / SMS /WhatsApp oder ähnliches geschickt, war dies keine ordnungsgemäße Geltendmachung. Die Ansprüche waren dann verfallen.

Im Gegensatz zur Schriftform und der eigenhändigen Unterschrift bedeutet nun Textform gem. § 126 b BGB folgendes:

§ 126b Textform

Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das

1. es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und2. geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben.“

Aufgrund der vorgenannten Regelungen genügen Erklärungen per Papier, USB-Stick, CD-Rom, Festplatte, Speicherkarte, E-Mails sowie Computerfaxe diesen Anforderungen der Textform. Allerdings kann, soweit eine gesetzliche explizite Pflicht zur Textform nicht besteht, auch vereinbart werden, dass SMS- oder WhatsApp – Nachrichten diesen Anforderungen genügen.

Insofern sollten Sie als Arbeitgeber Ihre Verträge überprüfen und die Ausschlussfristenregelungen überarbeiten. Jedenfalls für neue Arbeitsverträge, die erst ab bzw. im Oktober 2016 abgeschlossen werden, gelten die neuen Regelungen. Für Altverträge gelten noch die alten Regelungen, welche bis zum 30.09.2016 im BGB geregelt waren. Aber Vorsicht: Ändern Sie auch bei einem alten Vertrag mehrere Klauseln durch Ergänzungsvertrag / Zusatzvereinbarung sollten Sie auch zwingend die Ausschlussfristenregelung überarbeiten und neu regeln.

Für diesbezügliche Fragen stehe ich Ihnen natürlich gerne beratend zur Verfügung.

Karsten Klug
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Arbeitsrecht
in Hamburg.

Arbeitsrecht: Urteil des BAG zur „vorübergehenden“ Arbeitnehmerüberlassung

BAG, Urteil vom 03. Juni 2014 – 9 AZR 111/13

In der vorgenannten Entscheidung vom 03.06.2014 hat das Bundesarbeitsgericht die Frage aufgelöst, ob ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG und damit eine nicht nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung zu den Rechtsfolgen des § 10 Absatz 1 AÜG entsprechend führt. Dies hat das BAG jedoch zutreffend im Ergebnis abgelehnt.

Bereits im Jahre 2013 hatte ich in meinem Block auf die Entscheidungen des LAG Berlin hingewiesen, die den Stein letztlich ins Rollen brachten. Die 15. Kammer des LAG Berlin-Brandenburg hatte seinerzeit geurteilt, dass die Rechtsfolge einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung in der Konsequenz eine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung sei, so dass ein Arbeitsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher zustande kommen würde (§ 10 Abs. 1 AÜG).

Hingegen hatte bereits die 7. Kammer des LAG Berlin-Brandenburg den Fall anders gesehen. Diese hatten (meiners erachtens zu Recht) darauf hingewiesen, dass das Gesetz eben gerade keine Rechtsfolge anknüpfe. Im Ergebnis bliebe auch die dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung sanktionslos; jedenfalls werde kein Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Entleiher dadurch begründet.

 

In dem Revisionsverfahren der Sache der 7. Kammer des LAG Berlin-Brandeburg hat nun das BAG die Entscheidung des LAG bestätigt und festgestellt, dass

ein Verstoß gegen das ab dem 01. Dezember 2011 geltende Verbot der nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nicht gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG zum Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer führt, wenn der Verleiher die nach § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG erforderliche Erlaubnis hat, seine Arbeitnehmer Dritten zur Arbeitsleistung zu überlassen.“

Unter Verweis auf die Entscheidung BAG, Urteil vom 10. Dezember 2013 – 9 AZR 51/13 –, BAGE 146, 384-396 hat das BAG erneut bestätigt, dass der Gesetzgeber eine Sanktion im Falle des Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG gerade nicht getroffen hat. Der Gesetzgeber habe bis zum 30.11.2011 bewusst darauf verzichtet, die Dauer der Arbeitnehmerüberlassung zu begrenzen. Dieses ergäbe sich aus der Neukonzeption des Rechts der Arbeitnehmerüberlassung durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungenam Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002. In der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung sei in § 3 Abs. 1 nr. 6 AÜG noch eine Höchstüberlassungsdauer von 24 aufeinanderfolgenden Monaten geregelt gewesen. Dieses habe man durch Art. 6 Nr. 3 Buchstabe b) des Ersten Dienstleistungsgesetzes aufgehoben. Damit sei klar, dass der Gesetzgeber ausdrücklich eine zeitliche Beschränkung der Arbeitnehmerüberlassung nicht mehr regeln wollte.

Gleichwohl kommt nach Auffassung des BAG eine analoge oder richtlinienkonforme Auslegung des § 10 AÜG bei einem Verstoß gegen die vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung nicht in Betracht. § 10 AÜG fingiere das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses ausschließlich für den Fall des Fehlens der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis des Verleihers. Diese Voraussetzung läge nicht  vor. Des Weiteren sei auch nicht von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen, da der Gesetzgeber bewusst die Dauer nicht beschränkt habe und auch keinerlei Sanktion angeknüpft habe. Auch sei die Situation eines nicht nur vorübergehend überlassenen Arbeitnehmers mit der Situation eines ohne Erlaubnis überlassenen Arbeitnehmers nicht vergleichbar. Aufgrund dessen scheide ebenfalls eine analoge Anwendung des § 10 Abs. 1 s. 1 AÜG aus.

Nämliches gelte auch für die Leiharbeitsrichtlinie (Richtlinie 2008/104/EG des Rates vom 19. November 2008). Diese gäbe den Mitgliedstaaten an die Hand, Sanktionen bei Verstößen gegen die Richtlinie zu verhängen, regele jedoch selbst ebenfalls keinerlei Sanktionen.

 

Fazit:

Auch die dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung ist nach der aktuellen Rechtslage erlaubt bzw. zumindest sanktionslos. Ob und inwieweit der Gesetzgeber nun handelt, bleibt abzuwarten. Derzeit ist jedoch die Arbeitnehmerüberlassung nach wie vor ein adäquates Modell für Arbeitgeber, um entsprechende Arbeitsspitzen aufzufangen oder ggf. zeitlich begrenzt Arbeitnehmer zu beschäftigen, ohne enge Bindung und der Gefahr, diese nur mit hohen Abfindungszahlungen wieder kündigen zu können.

Karsten Klug
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Hamburg

Arbeitsrecht: Das neue Mindestlohngesetz – Was ist zu beachten?

Seit dem 01.01.2015 gilt das neue Mindestlohngesetz (MiLoG). Neben dem Umstand, dass nunmehr flächendeckend jedem Arbeitnehmer ein Mindestlohn in Höhe von derzeit 8,50 € zustehen soll (vgl. § 1 MiLoG), enthält das Gesetz flankierend noch eine Reihe weiterer Auflagen und Regelungen für Arbeitgeber, die diese zu berücksichtigen haben.

Zunächst einmal ist die Regelung in § 2 MiLoG spannend, da dort eine „neue“ Fälligkeitsmöglichkeit der Arbeitsvergütung aufgestellt wird. Sofern nämlich arbeitsvertraglich keine Vereinbarung getroffen worden ist, gilt die Fälligkeit gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 2 MiLoG, wonach der Lohn spätestens am letzten Bankarbeitstag (Frankfurt am Main) des Monats der auf den Monat mit der Arbeitsleistung folgt fällig wird. Man könnte dies sodann dahingehend interpretieren, dass z.B. das Gehalt für den Monat Januar 2015 am 27.02.2015 (wenn denn der Samstag kein Bankarbeitstag in Frankfurt ist) fällig wäre. Allerdings soll nach § 2 Abs. 1 Satz 2 MiLoG die Regelung des § 614 BGB unberührt bleiben. Wie dieser Widerspruch aufzulösen ist, wird die Rechtsprechung klären müssen. Allerdings könnte dies dazu führen, dass in dem Falle, in dem ein Arbeitgeber erst am letzten des Folgemonats das Gehalt für den Vormonat überweist, der Arbeitnehmer gleichwohl keinen Anspruch auf Verzugzinsen oder sonstige Verzugsschäden hat, da diese Regelung ausdrücklich numehr gesetzlich fixiert ist. Wohlgemerkt: Dies gilt nur dann, wenn keine (extra) Vereinbarung über die Fälligkeit getroffen worden ist (z.B. im Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag etc.).

Der Arbeitnehmer / die Arbeitnehmerin kann durch Vereinbarung nicht wirksam einseitig auf den Mindestlohn verzichten. Ein Verzicht ist nur im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs möglich. Auch sollen die Ansprüche aus dem MiLoG nie verwirken (vgl. § 3 Satz 3 MiLoG).

Es wird eine Mindestlohnkommission geben (vgl. §§ 4 – 12 MiLoG), die die Höhe des Mindestlohnes prüft (erstmals bis 30.06.2016 mit Wirkung zum 01.01.2017). – Siehe hierzu auch die Pressemitteilug des BMAS!

Gemäß § 13 MiLoG haftet auch der Auftraggeber eines Subunternehmers für die Einhaltung des MiLoG. Insoweit wird in § 13 MiLoG auf § 14 AEntG (Arbeitnehmerentsendegesetz) verwiesen.

Nach den §§ 14 und 15 MiLoG kontrolliert die Zollbehörde die Einhaltung der Pflichten nach dem MiLoG. Die Vorschriften des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes werden entsprechend angewandt.

Nach § 16 MiLoG bestehen (Vorab-) Meldepflichten für ausländische Unternehmen, die Mitarbeiter in Anwendung des MiLoG in Deutschland beschäftigen.Nämliches gilt auch für die Arbeitnehmerüberlassung eines ausländischen Verleihers.

Gemäß § 17 MiLoG sind die Arbeitgeber von „Minijobbern“ (nach § 8 SGB IV) sowie von Arbeitnehmern in den in § 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz genannten Wirtschaftsbereichen (wie z.B. Bau, Gaststätten- und Speditionsgewerbe) verpflichtet spätestens am 7. Tag folgende Punkte zu dokumentireren:

  • Beginn / Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit

In § 20 MiLoG wird noch einmal explizit die Verpflichtung des Arbeitgebers zur fristgerechten Zahlung des Mindestlohns geregelt.

Nach § 21 MiLoG droht bei Verstößen der Arbeitgeber gegen die Vorschriften des MiLoG ein Bußgeld in Höhe von bis zu 30.000,00 €!

Gem. § 22 MiLoG gilt das Gesetz nicht für:

  • Paktikanten (m/w), wenn dieses aufgrund einer schulrechtlichen Bestimmungen oder im Rahmen einer Ausbildung geleistet wird, ebenfalls bei einem Praktikum bis zu 3 Monate zur Orientierung vor einer Ausbildung oder eines Studiums, bei einem Praktikum von bis zu 3 Monaten begleitend zu einer Berufsschul- oder Hochschulausbildung oder bei einer Einstiegsqualifizierung (§ 54a SGB III oder §§68 -70 BBiG)
  • Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren (§ 2 Abs. 1 und Abs. 2 JArbSchG)
  • beschäftigte Personen zu ihrer Berufsausbildung sowie ehrenamtlich Tätige
  • langzeitarbeitslose Personen, sofern diese unmittelbar vor der Tätigkeit langzeitarbeitslos waren (vgl. § 18 Abs. 1 SGB III) für die Dauer von 6 Monaten.

Eine Ausnahme gilt ferner noch für Tarifverträge (auch für allgemeinverbindlich erkärte Tarifvertrag nach § 5 TVG). Hier gelten auch ggf. niedirgere Löhne einstweilen weiter.

 

Sollten Sie zu den vorgenannten Punkten Fragen haben oder bei der Dokumentation Hilfe benötigen,  so zögern Sie nicht und rufen mich an.

Anwalt und
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Karsten Klug

Arbeitsrecht: Datenschutzrecht – Anspruch des Betriebsrats auf Online-Zugriff auf Datenverarbeitungsverfahren des Arbeitsgebers?

Hat ein Betriebsrat im Rahmen des betriebsverfassungsrechtlichen Informationsanspruchs einen Anspruch auf einen Online-Zugriff auf Datenverarbeitungsverfahren des Arbeitsgebers?

Die Rechtsprechung, zum Beispiel das LAG Nürnberg vom 04.08.2004 in RDV 2006 84 L, verneint einen Anspruch aufgrund eines gesetzlichen Online-Zugriffrechts des Betriebsrats. In der zitierten Entscheidung forderte der Betriebsrat den Zugang zu einem SAP – Entgeltabrechungssystem des Arbeitgebers. Nach Ansicht des LAG Nürnberg steht dem Betriebsrat weder als Ausformung seiner Rechte aus § 80 BetrVG noch als Sachausstattung nach § 40 BetrVG ein eigenständiger oder auftragsgemäßer Zugang zu dem arbeitgebergebräuchlichen SAP – Entgeltabrechungssystem zu. Nach Ansicht der Richter des LAG Nürnberg existiere eine entsprechende Anspruchsgrundlage nicht.

Auch das Bundesarbeitsgericht hatte in seiner Entscheidung zum Zugangsrecht des Betriebsrats zum Internet gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG vom 03.09.2003 (Az. DAGE 107,231 bzw. NZA 2004, Seite 280) keine Hinweise erteilt, dass sich aus § 40 Abs. 2 BetrVG ein Recht auf Online-Zugriff oder ein Recht auf sonstige Zugriffe auf beim Arbeitgeber elektronisch gespeicherte Daten des Betriebsrats ergeben könnte. Sämtliche weitere in Betracht kommenden Normen, insbesondere auch Überlegungen zur Auftragsdatenverarbeitung gemäß § 11 BDSG greifen hier nicht. Eine entsprechende Anspruchsgrundlage existiert nicht. Die einzige Möglichkeit bleibt letztlich, dass auf Grundlage einer freiwillig geschlossenen Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ein über die Gesetzesgrundlagen hinausgehendes Recht eingeräumt wird. Gleichwohl ist hier zu berücksichtigen, dass ein als Online-Zugriffsrecht ausgestaltetes Informationsrecht des Betriebsrats an die Grenzen von § 80 Abs. 2 BetrVG gebunden ist. Es muss diesbezüglich ein konkreter Aufgabenbezug bestehen! Insofern kann der Betriebsrat nicht beliebig auf personenbezogene Daten des Arbeitsgebers online Zugriff nehmen. Dies kann er lediglich zur Erfüllung seiner betriebsverfassungsrechtlich garantierten Aufgaben.

Bereits das BAG hat in seiner Entscheidung vom 23.03.2010 (Az. 1 ABR 81/08) klargestellt, dass ein Betriebsrat nicht jede Auskunft verlangen kann, nur weil die dadurch vermittelten Erkenntnisse ihn insgesamt sachkundiger machen würden. Immerhin darf ein Online-Zugriff nicht dazu dienen, völlig aufgabenbezugslos die Unternehmensstrategie „auszuforschen“. Insofern ist ein schrankenloser Online-Zugriff auch aufgrund einer freiwilligen Betriebsvereinbarung des Betriebsrats mit dem Arbeitgeber nicht möglich, da es immer einen Aufgabenbezug geben muss.

Es bestehen darüber hinaus weitere andere Grenzen des Online-Zugriffs: Der Betriebsrat darf Informationen nicht um ihrer selbst Willen verlangen. Erst recht hat der Betriebsrat keine Möglichkeit, sich Informationen im Wege eines Selbsthilferechts zu beschaffen. Datenschutzrechtlich ist zu konstatieren, dass der Betriebsrat sowohl nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts als auch nach ganz herrschender Meinung Teil der verantwortlichen Stelle des Arbeitsgebers ist, also datenschutzrechtlich Teil des datenverarbeitenden Arbeitsgebers ist. Es ergibt sich jedoch eine Pflicht des Arbeitsgebers zur Ergreifung technischer Maßnahmen wie der Verschlüsselung, Anonymisierung, Pseudonymisierung oder des Mitspeicherns (Logging – Erstellen von Logfiles) aller durchgeführten Aktionen. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass der Betriebsrat nach inzwischen überwiegender Auffassung dem Datengeheimnis gemäß § 5 Satz 1 BetrVG unterliegt (Vgl. hierzu Bundesarbeitsgericht in NZA 2009, Seite 1218).

Der Arbeitgeber ist bekanntlich nach § 9 BDSG verpflichtet, technische und organisatorische Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Ausführungen der Vorschriften des BDSG zu gewährleisten. Dies betrifft im Falle des Online-Zugriffs personenbezogener Daten durch den Betriebsrat auch diesen Datenfluss, sodass auch hier der Arbeitgeber zusammen mit dem Betriebsrat Maßnahmen ergreifen muss, damit im Sinne des § 9 BDSG bzw. der Anlage zu § 9 Satz 1 BDSG die Datensicherheit gewährleistet ist. Sofern es sich bei der Datenerhebung / Verarbeitung um eigene Daten des Betriebsrats handelt, unterliegt dieser lediglich der Selbstkontrolle. Handelt es sich hingegen um vom Arbeitgeber erhobene Daten, die der Betriebsrat durch Online-Zugriff dann nutzt bzw. verarbeitet, unterliegen diese Datenflüsse der Kontrolle des Datenschutzbeauftragten des Betriebs. Allerdings darf dies nicht dazu führen, dass das Gebot der Freiheit des Betriebsrats unterlaufen wird und quasi hier der Arbeitgeber durch den betrieblichen Datenschutzbeauftragten Kontrolle über die Tätigkeiten des Betriebsrats erlangt.

Fraglich ist, ob die betroffenen Arbeitnehmer über den konkreten Online-Zugriff des Betriebsrats auf personenbezogene Arbeitnehmerdaten des Arbeitgebers informiert werden müssen? Betriebsverfassungsrechtlich ergeben sich hier keine Anhaltspunkte. Es können sich jedoch aus dem Bundesdatenschutzgesetz entsprechende Verpflichtungen ergeben. Allerdings liegt im Zweifel bei dem bloßen Leserecht in Bezug auf die Daten des Arbeitsgebers eine Nutzung und keine Änderung oder Speicherung ohne Kenntnis des Arbeitnehmers vor, sodass die Betroffenen nicht gemäß § 33 BDSG zu informieren sind.

Karsten Klug
Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hamburg

Arbeitsrecht: Kündigungsschutz Teil 2

Teil 2: Die Darlegungs- und Beweislast – weitere Beendigungsvorschriften

Darlegungs- und Beweislast

Für den Arbeitnehmer oftmals schwierig ist jedoch darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, auf welchen Gründen die Kündigung tatsächlich beruht und dass die Kündigung treuwidrig sein soll. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht verpflichtet, bereits in der Kündigung einen Grund anzugeben. Abgesehen davon, dass in den wenigsten Fällen sich der Arbeitgeber etwa dazu hinreißen lassen wird zuzugeben, dass der Kündigungsanlass beispielsweise in der Homosexualität des oder der Beschäftigten liegt, wird der Arbeitnehmer selten durch Vollbeweis die Motivation des Arbeitgebers für die Kündigung belegen können.

Dem wird durch eine Abgestufte Darlegungs- und Beweislasst Rechnung getragen, die von den Beweisregeln abweicht. Der Arbeitnehmer muss zunächst einen Sachverhalt vortragen, der die Treuwidrigkeit der Kündigung indiziert. Hierzu muss der Arbeitgeber Stellung nehmen und versuchen, den Vortrag im Einzelnen zu entkräften. Anders als bei der Kündigung im Rahmen des Kündigungsschutzgesetzes muss der Arbeitgeber die Tatsachen, die Kündigung bedingen, nicht beweisen.

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Weitere Beendigungsvorschriften außerhalb des KSchG:

Unabhängig davon, ob das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, sieht das deutsche Arbeitsrecht weitere gesetzliche Schutzvorschriften vor.

  • Schriftform
    Was eigentlich selbstverständlich ist, hier dennoch nicht unerwähnt bleiben soll, ist das Schriftformerfordernis für die Kündigung gemäß § 623 BGB. Eine Kündigung per Fax oder mündlich ist somit nicht wirksam, man sollte aber darauf achten, derartige Kündigungen nicht zu bestätigen bzw. den Empfang zu quittieren.
  • Verbot der Kündigung wegen eines Betriebsüberganges
     Zu berücksichtigen ist zudem, dass eine Kündigung wegen eines Betriebs- oder Teilüberganges gemäß § 613a Abs. 4 BGB unwirksam ist.
  • Anhörung gemäß § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)
    Soweit ein Betriebsrat gebildet ist, bedarf es vor der Kündigung der Anhörung des Gremiums gemäß § 102 BetrVG. Dem Betriebsrat sind –anders als dem Arbeitnehmer- die Gründe für die Kündigung mitzuteilen (§ 103 Abs. 1 S. 2 BetrVG). Auch die Personalvertretungen sind zu beteiligen.
  • Schwangerschaftsschutz (MuSchG)
    § 9 MuSchG regelt das grundsätzliche Kündigungsverbot von werdenden Müttern. Lediglich ausnahmsweise ist ist es nach § 9 Abs. 3 MuschG möglich die Zulässigkeit der Kündigung durch die zuständige Behörde erklären zu lassen. Hierzu ist ein entsprechend begründeter Antrag des Arbeitgebers erforderlich.
  • Kündigungsverbot während der Elterzeit (BEEG)
    Entsprechend regelt § 18 BEEG das Kündigungsverbot während der Elternzeit (ab Antragstellung zumindest 8 Wochen vor Beginn der Elternzeit) nicht kündigen. Auch hier gibt es für Arbeitgeber jedoch die Möglichkeit die Zulässigkeit der Kündigung durch die zuständige Behörde erklären zu lassen. Auc hierfür ist ein begründeter Antrag an die Behörde durch den Arbeitgeber notwendig.
  • Kündigungsverbot / Zustimmungserfordernis bei Schwerbehinderung (§§ 85 ff. SGB IX)
    Die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen bedarf der vorherigen Zutimmung des Integrationsamtes (§ 85 SGB IX). Auch hierfür ist grundsätzlich ein Antrag bei dem zuständigen Integrationsamt seitens des Arbeitgebers zu stellen. Es empfiehlt sich hier, die in der Regel bestehenden Vorlagen der Behörden hierfür zu verwenden. Das Verfahren und auch die Ausnahmen (wann eine Zustimmung des Integrationsamtes entbehrlich ist) regeln die §§ 86 ff SGB IX.

 

Für weitergehende Fragen rund um das Thema Kündigung / Kündigungsschutz stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Karsten Klug
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitrecht

Datenschutzrecht: Was ist bei der Videoüberwachung zu berücksichtigen?

Aus „gegebenen“ Anlass möchte ich Ihnen mit diesem Artikel einige Informationen zur Videonutzung in Ihrem Unternehmen an die Hand geben. Aktuell erhalte ich immer mehr Anfragen von Mandanten, die von den jeweilig zuständigen Landesdatenschutzbehörden angeschrieben wurden und um Auskunft über die Verwendung von Videokameras aufgefordert werden. Anlass dieser Überprüfungen sind jeweils Anzeigen bei den zuständigen Landesdatenschutzbehörden (z.B. durch Mitarbeiter oder ehemalige Mitarbeiter sowie Kunden).

 

Sofern Sie Videokameras einsetzen möchten, sollten Sie vorher folgende Überlegungen anstellen und auch folgende Abwägungen treffen:

1. Allgemeines

Nach der Rechtsprechung (sowohl des Bundesarbeitsgerichtes, vgl. BAG, Beschluss vom 26. August 2008 – 1 ABR 16/07 –, BAGE 127, 276-297, als auch z.B. des BVerfG in Kammerbeschluss vom BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 23. Februar 2007 – 1 BvR 2368/06 –)  greift jede Videoüberwachung in das Recht der betroffenen Personen ein über die Bilddaten selbst zu bestimmen. Des Weiteren erzeugen Kameras nach der Auffassung der Gerichte  einen Überwachungsdruck, der zu Verunsicherungen der Betroffen führt und die Verhaltensweisen der Betroffenen beeinflussen kann. Das Bundesverfassngsgericht hat in seiner zuvor zitierten Entscheidung nicht nur festgehalten, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht nur den Schutz der Privat- und Intimspähre gewährleistet, sondern auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmug gewährleistet. Diesem Grundrecht stehen die Interessen der Unternehmen und das Grundrecht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, Eigentumsrechte und ggf. die Berufsausübungsfreiheit entgegen. Aufgrund dessen muss im Rahmen einer sogenannten Interessenabwägung in jedem individuellen Einzelfall der Zweck der Videoüberwachung geprüft werden und sodann die Angemessenheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit geprüft werden.

2. Rechtsgrundlage
Die mittels der Videokamera ggf. erhobenen personenbezogenen Bilddaten, sind personenbezogene Daten im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Nach den Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes sind die Datenerhebung / Speicherung / Verwendung ersteinmal verboten, es sei denn, dass eine Rechtsvorschrift dieses ausdrücklich erlaubt oder die Einwilligung des Betroffenen vorliegt. Es handelt sich somit um eine „Verbotsnorm mit Erlaubnisvorbehalt“. Als maßgebliche Norm bei den sogenannten „nicht-öffentlichen Stellen“ (juristische Personen des privaten Rechts, vgl. § 2 Abs. 4 BDSG) kommt § 6 b BDSG in Betracht.Diese Vorschrift lautet wie folgt:

§ 6b Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen

(1) Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) ist nur zulässig, soweit sie

1.zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen,

2.zur Wahrnehmung des Hausrechts oder

3.zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke

          erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.

(2) Der Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle sind durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen.

(3) Die Verarbeitung oder Nutzung von nach Absatz 1 erhobenen Daten ist zulässig, wenn sie zum Erreichen des verfolgten Zwecks erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Für einen anderen Zweck dürfen sie nur verarbeitet oder genutzt werden, soweit dies zur Abwehr von Gefahren für die staatliche und öffentliche Sicherheit sowie zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist.

(4) Werden durch Videoüberwachung erhobene Daten einer bestimmten Person zugeordnet, ist diese über eine Verarbeitung oder Nutzung entsprechend den §§ 19a und 33 zu benachrichtigen.

(5) Die Daten sind unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen.

 Unter folgenden Voraussetzungen ist eine Videoüberwachung von öffentlich zugänglichen Räumen zulässig:

  • Optische-elektonische Einrichtungen = Videoüberwachung (erfasst sind somit Videokameras aller Art; nicht erfasst sind Ferngläser oder Videokameraatrappen sowie auch die akustische Überwachung)
  • öffentlich-zugängliche Räume
    § 6b BDSG findet nur Anwendung auf die Beobachtung von „öffentlich zugänglichen Räumen“. Dies betrifft somit Räumlichkeiten, die dem Zwecke nach von einer Vielzahl von Personen frei oder nach allgemein erfüllbaren Kriterien betreten und genutzt werden. Es ist dabei unerheblich, ob die Räume umschlossen oder überdacht sind. Auch kommt es nicht auf die Eigentumsverhältnisse bei dem Beobachtungsobjekt an (Beispiele sind: Verkaufsräume von Geschäften, Einkaufspassagen, Restaurants, Cafes, Kaufhäuser etc.). Ebenfalls fallen darunter auch solche Bereiche, die nur „frei zugänglich“ sind, wenn zuvor eine Eintrittskarte erworben wurde (z.B. U-Bahnen, Theater, Fußballstadion etc.). Ausdrücklich nicht öffentlich zugängliche Räume sind z.B. die Privatwohnung, das abgeschlossene bzw. befriedete Firmen- oder Werksgelände, Büro- und Sozialräume.
  • „Beobachtung“ ist nicht nur die Aufnahme von öffentlich zugänglichen Räumen und Übertragung der Bilder auf Bildschirme, sondern ferner müssen diese Aufnahme auch aufgezeichnet und ggf. ausgewertet werden können. Ferner wird die Speicherung mit analoger Technik nicht von dieser Vorschrift erfasst (BDSG Kommentar Gola/Schomerus, 11. Auflage, § 6b, Rdnr. 10).  Durch die Begriffe „Beobachtung“ in Absatz 1 und die weiteren Begriffe „Verarbeitung“ und „Nutzung“ in Absatz 3 wird deutlich, dass § 6b BDSG bereits dann eingreift, wenn Bilddaten durch optisch-elektronische Einrichtungen sichtbar gemacht werden. Aufgrund dessen ist nach Auffassung der Datenschutzbehörden bereits der Tatbestand von § 6b BDG eröffnet, wenn Bilder live auf einen Bildschirm übertragen werden, ohne explizite Speicherug der Bilder. Demgegenüber wird z.B. im vorgenannten Kommentar vertreten, dass die Beobachtung eine Tätigkeit von gewisser Dauer voraussetzt.  Insofern ist dieser Punkt streitig. Auch § 6b BDSG setzt das Erheben von personenbezogenen Daten voraus. Somit müssen die „beobachteten“ Personen individualisierbar sein. Der Tatbestand des § 6b BDSG ist z.B. nicht erfüllt, wenn die Videoaufzeichnung so pixelig und unscharf ist,  so dass dort nur Schatten erkannt werden können und die dort gezeigten Personen nicht individualisierbar sind.
  • Die zulässigen Zwecke der Videoüberwachung sind in den Nr. 1 bis Nr. 3 geregelt. Für die nicht-öffentlichen Stellen sind lediglich die Nr 2. und die Nr. 3 relevant. Somit kommen in Betracht „die Wahrnehmung des Hausrechts“ sowie die „Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegt Zwecke“. Im ersteren Fall ist der Inhaber des Hausrechts grundsätzlich befugt, die zum Schutze des Objektes bzw. zur Abwehr unbefugten Betretens erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Der Zweck der Videoüberwachung „zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke“ stellt einen eng auszulegenden Ausnahmetatbestand dar. Der konkrete Zweck muss vor Inbetriebnahme der Anlage festgelegt und dokumentiert werden.
  • Sind die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt, so ist die Erforderlichkeit zu prüfen. Nach Auffassung der Datenschutzbehörden genügt eine abstrakte Gefährdungslage in aller Regel nicht aus. Vielmehr sind belegbare Vorkommnisse in der Vergangenheit erforderlich. Sodann muss die Videoüberwachung für den festgelegten Zweck geeignet sein. Dies ist nur dann der Fall, wenn das Überwachungsziel tatsächlich erreicht wird und kein anderes, gleich wirksames, den Betroffenen weniger in seinen Rechten beeinträchtigendes Mittel zur Verfügung steht.
  • Schließlich ist zu prüfen, ob überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen. Dies erfolgt im Rahmen einer Abwägung der wechselseitigen Interessen.

3. Kenntlichmachung der Beobachtung

Die Videoüberwachung ist deutlich kenntlich zu machen (Videokameras sind sichtbar zu installieren und es sollten im Eingangsbereich bzw. vor Betreten der videoüberwachten Bereiche entsprechende Hinweisschilder installiert sein).

Achtung: Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht.

Auch ist daran zu denken, dass gem. § 4d Abs. 5 BDSG eine Vorabkontrolle vor Inbetriebnahme der Überwachungskameras erfolgen muss, sofern von den Videokameras besondere Risiken für die Rechte und Freiheiten der Betroffenen ausgehen. Dies wird regelmäßig bejaht bei dem Einsatz mehrerer Kameras, so dass technisch die Möglichkeit besteht Bewegungsprofile zu erstellen oder wenn die eingesetzte Technik entsprechende Risiken auslöst (z.B. schwenkbare Kameras mit hoher Bildauflösung).

 

Dieses dient nur zur groben Orientierung. Für Detailfragen und Beratung rund um das Thema „Videoüberwachung“ stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Vereinbaren Sie gerne einen Beratungstermin.

Karsten Klug

Externer Datenschutzbeauftragter (TÜV zertifiziert).

Arbeitsrecht: Urlaubsansprüche sind vererblich

Ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 12.06.2014 sorgt für Aufsehen:

Unter dem Aktenzeichen C-118/13 (Bollacke) entschied die erste Kanmmer des EuGH, dass

Artikel 7 der Richtlinie 2003/88 dahin auszulegen ist, dass er einzelstatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten wie den im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, wonach der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ohne Begründung eines Abgeltungsanspruchs für nicht genommenen urlaub untergeht, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet. Eine solche Abgeltung kann nicht davon abhängen, dass der Betroffene im Vorfeld einen Antrag gestellt hat.

 

Geklagt hatte die Witwe Frau B. gegen den ehemaligen Arbeitgeber ihres verstorbenen Mannes. Frau B. war Alleinerbin ihres Mannes, der bei dem Arbeitgeber in der Zeit vom 1.8.1998 bis zum 19.11.2010 (Tag des Todes) dort gearbeitet hatte. Seit dem Jahr 2009 war der Ehemann der Klägerin schwer erkankt und war in 2009 8 Monate arbeitsunfähig und vom 11.10.2010 bis zum Tod war er weiter arbeitsunfähig.

Das besondere an dem Fall war, dass der verstrobene Arbeitnehmer angeblich unstreitig noch mindestens 140,5 offene Tage Jahresurlaub hatte. Diese Summe überrascht, da quasi davon auszugehen ist, dass der Arbeitnehmer über Jahre hinweg den gesetzlichen Mindesturlaub, der auch aufgrund der Entscheidung des EuGH ( EuGH in seinem Grundsatzurteil vom 20.01.2009 (C-350/06 – Schultz-Hoff))   nicht nach längerer Krankheit oder häufiger Teilerkrankungen im Jahr verfallen darf, nie genommen hat.

Gleichwohl erscheint die Entscheidung – auch wenn sie auf den ersten Blick mehr als kurios erscheinen mag – konsequent. Der EuGH hat seinerzeit in der Schultz-Hoff – Entscheidung klargestellt, dass der Urlaub nicht einfach ersatzlos verfallen darf, wenn der Arbeitnehmer aufgrund längerer Erkrankung nicht in der Lage war, diesen Urlaub zu nehmen. Allerdings sollte dies  – so zumindest auch das Bundesarbeitsgericht – nur für den gesetzlichen Mindesturlaub gelten, nicht jedoch für freiwillig gewährten oder aufgrund tarifvertraglicher Regelungen gewährten Urlaubs. Da sich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Auffassung der Richter des EuGH  der Urlaubsanspruch in einen Entgeltanspruch, nämlich auf Abgeltung / Auszahlung der nicht genommenen Urlaubstage umwandelt, ist es in dieser Argumentationsschiene konsequent zu sagen, dass dieser Anspruch nicht einfach wegfallen darf.

Nach den bisherigen Regelungen im deutschen Recht mutet gleichwohl diese Entscheidung seltsam an, da es bisher im Rahmen von Vergleichen vor den Arbeitsgerichten und gerade bei solchen Verfahren, wo bereits längere Erkrankungen eine Rolle spielten, es durchaus ratsam war, in den Vergleich mit aufzunehmen, dass die Abfindung bzw. der Abfindungsbetrag sofort fällig sein soll und auch vererblich. Unterließ man eine entsprechende Regelung in Vergleichen respektive Aufhebungsverträgen, konnte dies tatsächlich für die Erben des verstrobenen Arbeitnehmers bitter sein, da dann der Arbeitgeber die Abfindung nicht mehr zahlen musste. Diese stand nur dem Arbeitnehmer zu. Nach dessen Tod war zumindest ein neuer Streit über die Vererblichkeit ggf. vorprogrammiert.

Fazit:

Tatsächlich wird der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers durch die Rechtsprechung des EuGH immer mehr zu einem Damoklesschwert. Arbeitgeber sind gut beraten darauf zu achten, dass arbeitsvertraglich geregelt ist, dass erst die gesetzlichen Urlaubstage genommen werden und danach die frewilligen. Werden diese nicht bis zum 31.12. eines Jahres genommen, verfallen sie.

Arbeitnehmer, denen krankheitsbedingt gekündigt wird bzw. die Vergleiche nach entsprechender längerer Krankheit schließen, sollten die restlichen Urlaubstage hierbei immer auch im Blick haben. Und nun sollten auch Erben von Arbeitnehmern, die versterben, bevor ein Arbeitsverhältnis beendet worden ist, prüfen, ob es noch Resturlaubstage gibt und diese gegen den ehemaligen Arbeitgeber des Verstorbenen geltend machen.

Karsten Klug
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
Hamburg

Arbeitsrecht: Kündigungsschutz – Teil 1

Teil 1: Der Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes:

Das Kündigungsschutzgesetz bietet dem Deutschen Arbeitnehmer besonderen umfassenden Bestandsschutz für das jeweilige Arbeitsverhältnis.

Gemäß §§ 1, 23 KSchG findet das Kündigungsschutzgesetz allerdings nur auf Arbeitsverhältnisse Anwendung, die länger als 6 Monate bestehen und für Betriebe, in denen regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt werden. Aufgrund der Gesetzesänderung vom 24.12.2003 wurde die Schwelle auf 10 Arbeitnehmer angehoben, vor dem 31.12.2003 bestehende „Alt“ Arbeitsverhältnisse können sich dagegen auf eine Mindestarbeitnehmeranzahl von 5 Arbeitnehmer berufen und die Anwendung des Kündigungsschutzgesetz in Anspruch nehmen.

Findet das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung, haben die Arbeitnehmer nur die Möglichkeit sich einen bestimmten Rechtschutz zu sichern. Die Kündigungen sind hier nur nach Sitten- oder Treuwidrigkeit gemäß §§ 138, 242 BGB zu prüfen. Arbeitgeber können diese Arbeitsverhälnisse relativ leicht lösen. Kündiungsschutzklagen führen in diesen Fällen bestenfalls zu meinem Verglich in Bezug auf die Zeugnisausstellung und die Zeugnisformulierung. Damit sollen letztlich nur grobe Missbrauchsfälle verhindert werden. Inhaber von sogenannten Kleinbetrieben sollen sich jedoch schneller von Arbeitnehmer lösen können, um noch schneller auf betriebswirtschaftliche Belange reagieren zu können.

Wenn unter mehreren Arbeitnehmern eine Auswahl zu treffen ist, muss der Arbeitgeber ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme walten lassen. In der Praxis wird dies häufig als „kleine Sozialauswahl“ bezeichnet. Der Arbeitgeber ist hier aber nicht an die strengen Kriterien einer echten Sozialauswahl gebunden, sondern lediglich gehalten, die sozialen Hintergründe der vergleichbaren Arbeitnehmer wie etwa Unterhaltspflichten oder das durch langjährige Mitarbeit verdiente Vertrauen in den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bei der Auswahl des zu Kündigenden zu berücksichtigen.

Bei dieser Prüfung kommt es immer auf die Gesamtumstände des Einzelfalles an. Die Bewertung erfolgt dabei im Lichte der allgemeinen Gesetze (inkl. Grundgesetz) unter der Maßgabe, einen Ausgleich zwischen dem Kündigungsinteresse des Arbeitgebers und dem Mindestschutz des Arbeitsplatzes herzustellen.